Die Nacht vom 30. April auf den 1. Mai galt in frühen Zeiten vielerorts als die „offiziell letzte Nacht“ der dunklen Jahreshälfte. Wahrscheinlich wurde aber nicht exakt zu diesem Datum, sondern in der Vollmondnacht um diesen Termin herum gefeiert.
Warum? Weil diese helle Frühlingsnacht Ausdruck der sommerlichen Energien ist, weil viele Blüten in der Nacht ihren besonderen Duft entfalten, weil die Nacht zu allerlei lustvollem Tun anregt.
Heuer brauchen wir uns zwischen dem „exakten Datum“ und der Vollmondnacht nicht entscheiden, denn die sogenannte „Walpurgisnacht“ fällt exakt auf den Vollmond und ist daher ganz besonders magisch.
Die patriarchalen Interpretationen einer lustvollen Nacht
Ich feiere Beltane bzw. das Walburga-Fest schon seit über zwei Jahrzehnten in meinem wunderbaren Frauenkreis. Als wir damit begonnen haben, war das noch sehr unbekannt. Jetzt flattern von überall Einladungen zu Walpurgisnacht-Partys herein und wenn man mit diesem Stichwort im Internet sucht, kommt man auf abenteuerlichste Seiten in denen „wilde Hexenriten“ angeboten werden. Das lässt mich immer ein wenig erschaudern.
Viele wählen dazu als Illustration auch eine Hexe, die vor dem Hintergrund des Vollmonds auf einem Besen fliegt.
Dies alles ist gefährlich patriarchaler Schmarr’n, der vielen, vielen Frauen das Leben gekostet hat.
Es gibt keine gesicherten Beweise, wie Menschen früher diese Festnacht am Beginn der warmen Jahreszeit gefeiert haben.
Vielleicht gemeinsam in ihren Frauenkreisen oder auch in Fruchtbarkeitsritualen gemeinsam mit den Männern.
Wir können davon ausgehen, dass sie in der berauschend erblühten Natur ihrer Lebensfreude Ausdruck verliehen haben.
Ebenso können wir annehmen, dass all dies auf Widerstand und Ablehnung so mancher Kirchenväter und Moralaposteln stieß bzw. diese zu wilden Phantasien anregte.
Was machen die Weiber, wenn sie da gemeinsam (oder gar mit Männern) da draußen in der Nacht sind? Und welche der beiden Varianten ist gefährlicher? Zaubernde Frauen unter sich oder die (Ehe-) Frauen mit irgendwelchen Männern?
Das Fest der Lebenslust, der sinnlichen Vereinigung, aus der wiederum neues Leben entsteht, wurde daher speziell im christlichen Gedankengut in eine Nacht voll von abartigen Ritualen uminterpretiert.
Die meisten Aufzeichnungen von diesem „Tanz in den Mai“ in früheren Zeiten gehen nicht auf authentische Schriften oder Überlieferungen aus dem Volksglauben zurück, sondern entstammen Kirchenbüchern, also den Schriftwerken jener, die diese Rituale und Bräuche mit großem Argwohn betrachteten und verurteilten. Und die ganz sicher nicht dabei waren!
Diese Beschreibungen sind gespickt mit bösartigen Behauptungen und Anschuldigungen, die dazu angetan waren, Frauen klein zu machen, sie zu ängstigen und sie daran zu hindern, ihre Kraft und Lust zu leben und zum Ausdruck zu bringen, sich in unterstützenden Frauenkreisen zu treffen und aus diesen gestärkt und machtvoll hervorzugehen.
Konnte man einer Frau mit „tadellosem Lebenswandel“ nichts anhaben, so konnte man ihr immer noch nachsagen, man hätte sie in der Walpurgisnacht auf ihrem Besen auf den Brocken fliegen sehen. Oft ein Todesurteil …
Um es eindeutig klar zu stellen:
Auf einem Besen fliegende Hexen hat man weder damals noch heute gesehen. Es handelt sich dabei um patriarchal-inquisitorische Phantasien und Unterstellungen, die für viele Frauen höchst gefährlich waren.
So ein Stab zwischen den Beinen einer Frau, auf dem sie noch dazu reitet, ist ja schon alleine dazu angetan, die unterdrückte christliche Lüsternheit mit wilden Ideen zu beflügeln.
Daher sind auch jene Darstellungen von auf Besen reitenden Frauen abzulehnen, wie sie immer noch von vielen „modernen Hexen“ als Symbol verwendet werden oder auch in der Literatur vorkommen (z.B. Harry Potter oder Bibi Blocksberg).
Dieses Symbol unterstützt nach wie vor die gezielt lancierten Bösartigkeiten all jener, die die Frauenkraft – ausgedrückt auch durch die gemeinsamen Feste – unterdrücken und ausrotten wollten.
Immer wieder bin ich entsetzt, wie sich sogenannte „neue Hexen“ und Vertreterinnen der Wicca-Bewegung auf Besen reitende Hexen als Logo auf ihre Visitkarten drucken lassen oder entsprechende Bilder auf deren Webseiten, Facebook-Auftritten etc. zu sehen sind. Hört endlich auf mit diesem Frauen-verachtenden Unsinn!
Vieles zu den patriarchalen Interpretationen habe ich auf diesem Blog schon vor drei Jahren geschrieben: Die Walpurgis-Nacht gibt’s nicht!
Feiern der sinnlich-archaischen Urkraft
Wie ich persönlich das Fest der Walburg, der alten Maikönigin bzw. Beltane, das Fest der Göttin Belena oder die Magie der majestätischen Maiengöttin Maia feiere: Als jene Zeit, in der die Natur uns ihr vollstes Potential zeigt. Als Fest der Fest voll der sinnlich-archaischen Urkraft, an die wir Frauen anknüpfen und mit der wir uns auftanken können.
In meinem eBook „Beltane – Fest der Walburg: Die hohe Zeit der feurigen Frühlingskraft“ gibt es viele Anregungen, um sinnlich lustvoll und magisch den Mai zu begrüßen. Alle in den letzten zwei Jahrzehnten von mir höchstpersönlich getestet, durchgeführt und für gut befunden!
Darüber hinaus viele Gedanken zur „Walpurgisnacht“, u.a. woher dieser Name kommt (von Goethe) oder wofür Frauen ihre Besen vermutlich wirklich verwendet haben (u.a. als Instrument der Verteidigung, der Macht und um damit andere Frauen geheime Zeichen zu signalisieren).
Ich wünsche euch allseits einen wunderbaren Tanz hinein in den Mai in dieser magischen Vollmondnacht, möge eure Sinnlichkeit erblühen und euch erfreuen!
Mehr Informationen zu den erwähnten Göttinnen:
Belena
Maia
Walburg
So hab ich, das Bild der Hexe auf ihrem Besen, noch nicht gesehen. Jetzt wo ich Ihren/Deinen Beitrag gelesen habe und kurz inne hilt, um kurz darüber nach zu denken….Muss ich Ihnen/Dir recht geben. Es ist ein Zeichen, wie es uns die Kirche auferlegt hat…es ist negstiv behaftet und surreal, wie wir damit umgehen.. Danke für den Beitrag