Am Donnerstag vor dem Aschermittwoch ist Weiberfastnacht. Aber nicht nur das: Der gesamte Monat Februar wurde früher „Weibermonat“ genannt.
Der Lichtmesstag am 2. Februar heißt im Englischen noch heute „wives-feast-day“.
Fragmente dieser Frauenkraft sind heute noch erhalten, sie erinnern an die Zeiten, in denen im Februar noch einer Fruchtbarkeitsgöttin gehuldigt wurde, die ihre starke und selbstbestimmte Kraft den Frauen übertrug.
So waren beispielsweise im antiken Rom die Festivitäten zu Ehren der Februata – die Lupercalia („Fest der Wölfin“) sehr sinnesfreudig.
Speziell Frauen haben – der Überlieferung nach – bei diesen Festen die Wiederkehr des Lebens nach dem langen Winter ausgiebig in sexueller Freizügigkeit und mit „orgiastischen Riten“ gefeiert. Tabus waren ausgeschalten.
Bei Faschings- bzw. Fastnachtsumzügen im Februar können wir heute noch gut Fragmente dieser alten Frauenkraft erkennen: So übernehmen in der Weiber-Fastnacht Frauen offiziell das Regiment in vielen Städten und Dörfern.
In manchen Städten wie z.B. Köln soll diese Tradition der Weiberfastnacht bis tief ins Mittelalter zurückgehen. Besonders in den Nonnenklöstern ging es angeblich hoch her. Im 18. Jahrhundert sollen Nonnen und Stiftsfrauen zur sogenannten „fünften Jahreszeit“ alles genossen haben, was ihnen sonst verboten war: Es gab Tee, Kaffee, Wein und Schokolade, die Damen spielten Karten- und Glücksspiele und tanzten gemeinsam durch die Nacht.
Ausgelassenes Treiben vor der Fastenzeit
Warum eigentlich gibt es Fasching, Fastnacht oder Karneval?
Und dessen Höhepunkt gerade im Februar?
Im Kirchenjahr ist dies jene Periode vor der sechswöchigen Fastenzeit in der ausgelassen gefeiert wird und auch noch herzhaft gegessen werden kann.
Das hatte früher weniger viel weniger einen religiös-spirituell Grund, sondern lag einfach in der Tatsache begründet, dass Ende des Winters die eingelagerten Lebensmittel knapp wurden und bis Ostern, jener Zeit, in der die ersten zarten Pflanzen herauskommen und man diese wieder verwerten und essen konnte, oft wirklich gehungert wurde.
Dies erklärt sich auch schon in den Wörter Fasching, Fastnacht und Karneval:
Der Begriff Karneval kommt aus dem Lateinischen und bedeutet Fleisch (carne), lebe wohl (vale). „Fleisch, lebe wohl!“ Man verabschiedet sich also vom Fleisch und allen fleischlichen Gelüsten. Noch einmal kann man sich im Karneval satt essen und die konservierten Fleischvorräte aufbrauchen. Gemeint ist damit aber der Verzicht auf Fleisch im doppelten Sinne, nämlich sowohl als Speise, als auch in Form sexueller Enthaltsamkeit.
Es gibt jedoch eine viel ältere Bedeutung zur Sprachwurzel des Wortes Karneval. Und die hat wiederum etwas mit der alten Muttergöttin zu tun. Diese entsteigt zu Frühlingsbeginn der winterlichen Erde und es heißt in den Mythen sie (oder ihre Priesterinnen) fahren mit einem großen Wagen über die Lande, um diesen wieder neues Leben, das Blühen und Aufkeimen zu bringen. Lateinisch heißt dieser Wagen „carrus navalis“. „carrus“ ist der Wagen, auch der Karren, „navalis“ bedeutet „in der Art eines Schiffes“ (zu lat. navis „Schiff“). Dieser „carrus navalis“ wirkte offenbar wie ein Schiff auf Rädern, hieraus soll sich die Tradition des Narrenschiffs gebildet haben. Daraus entstand car-naval. Das „Lebe Wohl Fleisch“ sei angeblich von der Kirche aus der alten Bezeichnung uminterpretiert worden.
Das Wort Fasching leitet sich vom mittelhochdeutschen Begriff „vaschanc“ bzw. „vaschang“ ab. Das bedeutet „Fastschank“ – „Ausschank des Fastentrunkes“, ein letzter kräftigender Trunk bevor auch dieser zur Neige geht.
Fas(t)nacht entstand aus dem mittelhochdeutschen Begriff „vas(t)(en)nacht“, was die „Nacht vor dem Fasten“ bedeutete. Im christlichen Kontext ist die „Fasenacht“ oder „Fastnacht“ die Zeit vor dem österlichen Fasten, in der noch mal so richtig gefeiert und zugelangt wurde, bevor dann an Aschermittwoch das große Darben begann.
Die Bräuche dieser Zeit haben sich aber nicht nur auf Kulinarisches beschränkt. Es wurde ausgelassen gefeiert, wozu man später offenbar keine Lust mehr hatte. Wer will schon mit leerem Magen feiern. Außerdem wäre all die damit verbundenen Aktivitäten, wie z.B. Tanzen eine unnötige Kalorienverschwendung.
Umdrehen und Durchschütteln
Aber jetzt Mitte Februar die „närrische Zeit“. Und auch das hat einen Grund: Es ist die Zeit des Übergangs vom Winter in das Frühjahr und damit auch des kreativen Chaos, wie es Frühjahrsstürme zeigen. Jetzt wird das Oberste zu unterst gekehrt und das Unterste zu oberst.
Dieses Umdrehen und Durchschütteln aller verfestigten Verhältnisse löst das Alte auf und macht den Weg frei für das Neue, für die Frühlingskraft.
Bei den alten Karnevals- und Fastnachts-Bräuchen es geht immer auch darum, die „Dämonen des Winters“ zu vertreiben.
Nicht von ungefähr gibt es den Brauch, bei Faschingsveranstaltungen mittels launiger Ansprachen und Sketches verborgene Dinge aufzudecken (wie die Erde, die unter der Schneedecke hervorkommt).
Und hier sind wir gleich wieder bei der Frauenkraft. Denn bei vielen Faschingsumzügengehen auch Frauengruppen mit, die an Hexen erinnern.
Diese heil- und kräuterkundigen Frauen waren ja immer mit den Kräften der Erde und der Natur verbunden.
Diese „Hexen“ erscheinen durchwegs mit freundlichem Gesicht. Sie tragen symbolisch das erste frische Grün auf ihrer Kleidung und erinnern damit an die alten Frühlingsgöttinnen. Oft führen sie einen Kinderwagen mit sich – in diesem befindet sich der Frühling als neugeborenes Kind.
Zum närrischen Brauchtum gehört es auch, alles verkehrt zu machen, sich zu verkleiden und damit neue Rollen und Sichtweisen einzunehmen.
Welche Wurzeln können wir als Urgrund in all diesem Tun vermuten?
Nur wenn von gewohnten Pfaden und Lebensgewohnheiten abgegangen wird, kommt frischer Wind ins Leben, schmelzen alte Verkrustungen in Tun, Fühlen und Denken wie die Eisschicht bei den ersten Sonnenstrahlen.
Damit wirklich etwas Neues entstehen kann, muss einiges gewagt werden – und das ist dann gut möglich, wenn „Narrenfreiheit“ herrscht. Ein fast therapeutischer Zustand, in dem mit großer Leichtigkeit alte Wertvorstellungen, Glaubenssätze und Gewohnheiten abgeklopft, hinterfragt, auf den Kopf gestellt und schließlich über Bord geworfen werden können.
So werden Neuanfänge möglich.
Weibertanz und Mötzenbestohl
Vielerorts verkleiden und maskieren sich Frauen zur Weiberfastnacht als alte und hässliche Weiber. Aus dieser Tradition heraus haben sich im Rheinland die Möhnenvereine gegründet.
Das Wort „Möhn/Möhne“ kommt von „Muhme“ und bezeichnete im westmitteldeutschen Sprachraum bis etwa 1880 eine weibliche Verwandte von Mutterseite.
Die Weiber-Fastnacht, in manchen Gegenden des Rheinlands „Altweiber“ genannt, ist der traditionelle Höhepunkt und wichtigster Tag im Jahr für die Möhnen.
In vielen Orten ziehen die Möhnen bereits am frühen Morgen in Verkleidung feiernd und lärmend durch ihren Heimatort, ziehen durch Geschäfte und versperren mitunter Straßen.
Die Obermöhn ist bei diesen Damenkomitees die Präsidentin, sie zeichnet sich dadurch aus, dass sie wortgewandt und besonders scharfzüngig ist, damit sagt sie den Machthabenden ordentlich die Meinung.
In Flandern wird der Faschingssamstag auch Frauensamstag genannt.
Der Donnerstag davor ist vielenorts als Weiber-Fastnacht bekannt, in der Frauen offiziell das Regiment in den Städten und Dörfern übernehmen.
Beim Weiberfest in Irland (dem Ursprungsland der Göttin Brigid) feiern Frauen am 1. Februar sich selbst, indem sie köstliche Mahlzeiten zubereiten und gemeinsam verspeisen.
Aus dem Alemannischen ist der Brauch des Weibertanzes überliefert, wo es offenbar recht feucht-fröhlich zugeht und verheiratete Frauen es mit Gesang und Tanz im berauschten Zustand toll treiben und sich teilweise sogar entblößen.
Diese Entblößung betraf früher vor allem auch die Haare.
Das kennen wir auch vom traditionellen Kölner Karneval, wo sich Frauen bei der Weiber-Fastnacht gegenseitig die Hauben vom Kopf reißen, was man Mötzenbestohl nennt.
Die Haube als Zeichen der verheirateten Frauen, die ja unter eine solche sprichwörtlich gekommen sind, wird herunter gerissen, damit die Frau für diese eine Nacht offensichtlich nicht als Ehefrau zu erkennen ist oder sich nicht als solche fühlt – was mitunter promiskuitives Treiben wie im Alten Rom bei den Festen der Göttin Februata erlauben dürfte …
Krawatten und Wäscherinnen
Männer müssen bei diesen Weiber-Fastnachtsbräuchen auf der Hut sein, nicht ihrer Männlichkeit beraubt zu werden.
Es wird gerne etwas abgeschnitten, was herunterhängt, nämlich die Krawatte.
Dies hat eine große Symbolkraft.
Nicht nur in Hinblick auf Kastrationsphantasien.
Die Krawatte gilt immer noch als Zeichen männlicher Macht, der Chefs und Vorgesetzten, der Richter und Beamten …
Diese übernehmen nun zur Weiberfastnacht die Frauen.
In vielen dieser Bräuche können wir daher Fragmente einer alten, matriarchalen Sozialordnung erkennen.
Die moderne Form der Weiberfastnacht hat ihren Ursprung im 19. Jahrhundert und zwar im Bonner Stadtteil Beuel. Dort arbeiteten die Wäscherinnen Tag für Tag 16 Stunden lang. Aufgabe der Männer war, die saubere Wäsche zurück nach Köln zu bringen. Aber um die Fastnachtzeit blieben diese viel länger aus als sonst, denn sie feierten dort ausgelassen Karneval.
Sehr zum Unmut der hart arbeitenden Wäscherinnen.
Sie gründeten das „Beueler Damenkomitee“.
Statt zu arbeiten, trafen sie sich eines Abends in einer Kneipe – um über ihre Männer zu lästern.
So legten sie sogar einen Meilenstein auf dem Weg zur Emanzipation.
Ihre mutige Aktion wirkt bis heute nach: Im Bonner Stadtteil Beuel wird bis heute jedes Jahr eine Wäscherprinzessin gekürt, und ein Festumzug zieht durch den Ort. Das Damenkomitee das Beueler Rathaus und übernimmt symbolisch die Macht.
Daher heißt dieser Tag auch „schmutziger Donnerstag“ weil ja nicht gewaschen wurde.
Ich frage mich, was passieren würde, wenn all diese Frauen am Freitag darauf auch nicht das Feld räumen und in den Rathäusern blieben, anstatt daheim Wäsche zu waschen.
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Mehr Informationen zu den erwähnten Göttinnen:
Brigid
Februata
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Mehr zu den Februarbräuchen auch hier:
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Bildquellen:
Göttin Februata / artedea.net
Schembartlauf in Nürnberg / de.wikipedia.org / Stadtbibliohek Nürnberg
carnival-646734_1280 / pixabay.com / domeckopol
Möhne in Düsseldorf, 2011 / de.wikipedia.org / Kürschner (talk)
Göttin Brigid / artedea.net
fat-thursday-91297_1920 / Hans / pixabay.com
Beueler Damenkomitee, ca. 1900 / de.wikipedia.org
ich freue mich immer über deine wunderschönen göttinnenbilder und die gut recherchierten geschichten dazu – es macht wirklich spaß, sie zu lesen. ich forsche selbst seit vielen jahren im matriarchat und bin eine freundin von luisa francia, die mich mittlerweilen seit über 40 jahren begleitet – danke, daß du dein großes wssen mit anderen frauen telst – die göttin soll dich immer begleiten und beschützen