Jedes Jahr raucht mir das Hirn, welchen Beitrag ich zum Weltfrauentag auf diesen Blog schreiben könnte.
Was soll ich schreiben? Dass uns die Corona-Zeit um Jahrzehnte in der Gleichstellung zurückgeworfen hat, wie es zahlreiche Statistiken zeigen.
Soll ich schreiben, dass gleicher Lohn für gleiche Arbeit immer noch eine Utopie ist?
Oder dass die EU Kommisarin Viviane Reding bereits 2008 für die Abschaffung des Frauentages plädierte: „Solange wir einen Frauentag feiern müssen, bedeutet das, dass wir keine Gleichberechtigung haben.“
Über all das habe ich in den vergangenen Jahren genug geschrieben. Und so denke ich an diesem Weltfrauentag 2023 an die Schwestern da draußen in der Welt:
- An die Frauen in Afghanistan, die nach der Machtübernahme der Taliban von geschlechtsspezifischer Gewalt bedroht und all ihrer Rechte beraubt sind
- An diese mutigen Frauen im Iran, die oft unter Lebensgefahr für ihre Rechte auf die Straße gehen und an die iranischen Schülerinnen, die in ihren Klassenzimmern offenbar absichtlich vergiftet wurden
- An die Ukrainerinnen, an jene die im Kriegsgeschehen ausharren und an jene, die geflüchtet sind, vieles zurückgelassen haben und sich in der Fremde eine neue Existenz aufbauen, in ständiger Sorge um ihre Angehörigen daheim
- An die Russinnen, die vielen Mütter, Ehefrauen, Töchter, deren männliche Angehörige in diesem schrecklichen Krieg getötet wurden und an die Frauen in Putins Russland, in dem das Prügeln von Frauen nur mehr als Ordnungswidrigkeit und nicht mehr als Straftat gewertet wird
- An die unendlich vielen Frauen, die Opfer von häuslicher Gewalt und Femiziden sind
- An die 70 Prozent aller Frauen, die weltweit von Armut bedroht sind aufgrund von Diskriminierung beim Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung und Beschäftigung.
- An all die Frauen hierzulande, die in die Armutsfalle tappen und sich ihr ganz normales Leben (wohnen, heizen, Nahrung) nicht mehr leisten können, weil sie in ihrem Erwerbsleben (Berufschancen, Entlohnung, fehlende Kinderbetreuungseinrichtungen) nie auch nur annähernd den Männer gleichgestellt sind
- An die mehr als 700 Millionen Frauen, die vor ihrem 18. Geburtstag zwangsverheiratet werden (Quelle)
- An all die erschöpften Frauen, denen die Corona-Zeit unendlich viel zusätzliche Verantwortung und Arbeit aufgebürdet hat
- An die weltweit mehr als 200 Millionen Frauen von weiblicher Genitalverstümmelung betroffen sind
- An all die Amerikanerinnen, die damit leben müssen, dass letztes Jahr der Supreme Court in den USA das landesweite Recht auf Schwangerschaftsabbruch aufgehoben hat und an die Frauen in Polen, wo das Recht auf Abtreibung de facto abgeschafft wurde und damit an all die Frauen die sich mit diesem Problem einer ungewollten Schwangerschaft wieder in die Illegalität begeben müsssen.
Und ich denke mit großer Hochachtung und einem warmen Gefühl des Dankes an die Frauenrechtlerin Clara Zetkin und ihre Mitstreiterinnen, auf deren Initiative im Jahre 1911 der erste Internationale Frauentag stattfand.
An diesem Tag gingen über eine Million Frauen auf die Straße, um für ihre Rechte zu demonstrieren, in Dänemark, Deutschland, Österreich, der Schweiz und den USA. Im Mittelpunkt stand die Forderung nach dem Wahlrecht für Frauen. Denn damals durften mit Ausnahme Finnlands in ganz Europa nur die Männer wählen.
Gut, das Frauenwahlrecht hat sich zumindest in Europa durchgesetzt. Es trat in Deutschland, Estland, Lettland, Litauen, Luxemburg, Österreich, Polen, Russland im Jahr 1918 in Kraft. Die Schweizerinnen mussten bis 1971 und die Liechtensteinerinnen gar bis 1984 (!) darauf warten (siehe Tabelle am Ende dieses Blogartikels)
Aber haben Frauen die freie Wahl?
Wieviele Frauen können tatsächlich frei darüber entscheiden, wie sie ihr Leben gestalten können in dieser patriarchalen Welt?
Und solange patriarchale Religionen wie die christliche Ernst genommen werden und einen guten Teil der moralischen und auch weltlichen Macht und des Kapitals haben, werden sich Frauen weltweit mit der Gleichstellung und Selbstbestimmung schwer tun.
Eine Religion, die in ihren grundlegenden 10 Geboten die Frau als Besitz des Mannes ansieht und wie eine Ware gemeinsam mit Haustieren auflistet und die in zwei Geboten locker-flockig von Sklaven spricht (und damit an Sklaverei auch nichts auszusetzen hat):
„… du sollst nicht die Frau, nicht das Haus deines Nächsten begehren, nicht sein Feld, seinen Sklaven oder seine Sklavin, sein Rind oder seinen Esel, nichts, was deinem Nächsten gehört …“ (Das Buch Deuteronomium – 5.Mose 5 = 10. Gebot)
Und das sind immer noch unwidersprochen die Grundregeln, die Kindern im Religionsunterricht ins Hirn gehämmert werden.
Oh ihr Urmütter des Internationalen Frauentages, wie habt ihr euch die Zukunft in mehr als 100 Jahren vorgestellt?
Oh Göttin, es gibt noch so viel zu tun, 112 Jahre nach dem ersten Weltfrauentag!
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Einführung des Frauenwahlrechts:
1906 Finnland
1913 Norwegen
1915 Dänemark, Island
1918 Deutschland, Estland, Lettland, Litauen, Luxemburg, Österreich, Polen, Russland
1919 Niederlande
1920 Tschechoslowakei
1921 Schweden
1922 Irland
1928 Großbritannien
1931 Spanien
1944 Frankreich
1945 Bulgarien, Jugoslawien, Ungarn
1946 Italien, Rumänien
1947 Malta
1948 Belgien
1952 Griechenland
1971 Schweiz
1974 Portugal
1984 Liechtenstein
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Bildquellen:
Clara Zetkin (links) mit Rosa Luxemburg (1910) / de.wikipedia.org
Plakat der Frauenbewegung zum Frauentag 8. März 1914 / Karl Maria Stadler / commons.wikimedia.org/
DANKE ❣❣❣
Hat dies auf Willkommen in meiner Räuberhöhle rebloggt und kommentierte:
So gut kann ich es selbst nicht schreiben.
…da ist wirklich noch viel Arbeit übrig…
Hat dies auf ZAUBEREI MIT BUCHSTABEN rebloggt und kommentierte:
Diesem Artikel ist nichts hizuzüfügen. Danke du Liebe. Danke fürds Rebloggen dürfen.
Hat dies auf connysblog rebloggt und kommentierte:
Zum Nachdenken