Gute Frage, die gar nicht so eindeutig zu beantworten ist.
Auf jeden Fall beginnt heute, am 1. September der meteorologische Herbst.
Festgelegt wurde dieses Datum von der Weltorganisation der Meteorologie, einer Unterorganisation der UN. Warum?
Damit die erfassten Klimadaten in einheitlichen Zeiträumen verglichen und analysiert werden können.
Dies wäre beim astronomischen Herbstanfang, der ja zwischen dem 22. und 23. September schwankt, nicht möglich. (Heuer ist übrigens ab dem 23. September um 8:49 Uhr mitteleuropäischer Zeit astronomisch gesehen Herbst).
Der meteorologische Herbst umfasst immer die Monate September, Oktober und November, während der astronomische ja bis 3 Tage vor Weihnachten, also bis zur Wintersonnenwende am 21. Dezember geht. Diese Zeit empfinden wir meist schon lange als Winter und nicht als Herbst.
Dann gibt es auch den phänologischen Herbstanfang. Dieser richtet sich nach den Phänomenen in der Natur, zum Beispiel nach der Blüte der Herbstzeitlose, der Reife von Holunder und Rosskastanie oder mit der Verfärbung der Blätter. Für viele Menschen ist buntes Laub der direkte Indikator, dass nun der Sommer endgültig vorbei ist und der Herbst begonnen hat.
Es gibt aber natürlich auch noch den gefühlten Herbstanfang – also den Zeitpunkt, wenn man ganz individuell das Gefühl hat „Jetzt ist Herbst!“
Dieser gefühlte Herbstanfang ist sehr oft verbunden mit dem Vollmond. Wenn die Lichtstunden am Tag kürzer werden und auch das Mondlicht hin zu Neumond abnimmt, und damit auch die Nächte dunkler werden, dann ist dies für viele der eigentliche Start in die „dunkle Zeit“. Da wir ja jetzt, Ende August Vollmond hatten, ist auch dieser September-Vollmond erst Ende des Monats, am 29. September. Da haben wir also noch ein wenig Zeit.
Herbst – es gibt was zu Feiern!
Jetzt beginnt auch die Zeit der Erntedankfeste. Kaum eine Gemeinde, die nicht den Herbstbeginn mit zumindest einem opulenten Markttag feiert.
Je nachdem, was geerntet wird, gibt es unterschiedliche Feste:
In Weingegenden gibt es ein Weinfest nach dem anderen, anderswo wird die Kartoffelernte mit den großen Kartoffelfeuern abgeschlossen oder es werden Kohlköpfe, Äpfel, Nüsse oder das Getreide, Mais, Reis oder auch das Bier gefeiert (erstaunlicher Weise beginnt das „Oktoberfest“ ja auch schon im September).
Diese Herbst- und Erntedankfeste gelten als die ältesten Feste bzw. rituellen Handlungen überhaupt. Was logisch erscheint, wenn man bedenkt, dass von der Antike bis in die Frühe Neuzeit für ca. 80 Prozent der Menschen die harte Arbeit auf dem Feld Alltag war. Die Wurzeln dieser Festivitäten vermutet man sogar schon in den frühen Tagen der Menschheit: Als die Menschen vom Jagen und Sammeln auf den Ackerbau umstiegen, waren sie mit neuen Herausforderungen konfrontiert.
Das jährliche Fest zu Herbstbeginn ist möglicherweise der Rest von vielen Institutionen und Anpassungen, mit diesen Veränderungen umzugehen.
Rituale zogen sich durch den gesamten agrarischen Zyklus, wie jene zur Aussaat, zur ersten Ernte oder eben auch als Dankesfest an die jeweiligen Gottheiten oder „Höheren Mächte“, wobei sich die Menschen hier zumeist an die Erdmutter oder an die üppigen Fruchtbarkeitsgöttinnen, an Getreide- und Saatgöttinnen gewandt haben und man erst im Zuge der Christianisierung der Auffassung war, dass ein männlicher Gott, das „tägliche Brot“ gibt.
Der Anlass für viele Feste liegt auch immer in der Zusammenkunft von Familien und Sippen. Damit verbunden ist ein großen Aufwand an Speis und Trank, den man sich vor der Ernte kaum leisten kann.
Daher ist für große Feste jetzt die beste Zeit.
Auch weil bald die kalte Jahreszeit kommt, sich alle in die Behausungen zurückziehen und lange Reisen zu Familien- und Stammeszusammenkünften nicht mehr möglich sind.
So alt sie bereits sind, so lebendig ist das Brauchtum und die Zeremonien rund um Erntedankfeste daher im bäuerlichen Leben immer noch. Denn Rituale geben auch Halt und Sicherheit – und das ist gerade im Herbst wichtig, wenn die welkende Natur an den Tod erinnert.
Auf den Winter vorbereiten
In unserer globalisierten Welt mit vollen Tiefkühltruhen, großem Nahrungsangebot in den Supermärkten und Früchten aus aller Welt, die rund ums Jahr zur Verfügung stehen, haben viele den Bezug zu den Kreisläufen der Natur und der Ernte verloren.
Dennoch ist es spürbar: Wenn die Dunkelheit langsam wieder zunimmt, wenn das Sonnenlicht in dieser Zeit alles in ein so ein wunderbar goldenes Licht taucht, wenn die Bäume mit ihrer Pracht von roten und gelben Blättern geradezu prahlen, wenn die ersten Stürme um die Hausecken fegen, dann empfinden viele auch so etwas wie ein Gefühl des Abschieds und der Wehmut.
Wenn es auch noch schöne warme Tage bis spät in den Oktober hinein geben kann, ist es klar: Der Sommer ist nun endgültig zu Ende.
Auch wenn wir persönlich nicht Getreide, Feldfrüchte oder Obst geerntet haben, auch wenn wir nicht mit einlagern, einkochen, Vorratshaltung zu tun haben, werden Vorbereitungen für den Winter getroffen.
Früher, als es noch kein elektrisches Licht gab, begann spätestens mit der Tag-und-Nacht-Gleiche die Zeit der Zurückgezogenheit.
Auch viele Menschen in Großstädten werden vom Herbstbeginn nachhaltig beeinflusst. Hat sich ihr Leben und die Freizeit in den letzten Monaten überwiegend im Freien abgespielt, beginnen viele nun, es sich wieder daheim gemütlich zu machen.
Jetzt werden noch die letzten, lebenssprühende Spätsommer- bzw. Herbstfeste gefeiert, bevor eine beginnende Ruhezeit eingeläutet wird.
Sichtbar wird dies vor allem daran, dass sich in der Natur langsam das pralle, pulsierende Leben zurückzieht.
Leider entspricht die anbrechende Periode der Ruhe nicht mehr unserem heutigen Lebensrhythmus und Geschäftsleben, bei vielen geht es im Herbst so richtig wieder los. Alle sind vom Urlaub zurück, die Schule beginnt, der Alltag hat uns wieder.
Um mit dem Rhythmus der Natur dennoch im Einklang zu sein, ist es hilfreich, sich bewusst kleine Auszeiten der Stille und Einkehr zu gönnen.
Damit können wir heute, am 1. September ja schon gut beginnen: Nehmen wir uns Zeit und Muße zu meditieren, lange gemütliche Abende mit lieben Menschen zu verbringen, gemeinsam zu kochen, Abends gemütlich am Sofa zu kuscheln, zum ersten Mal den Ofen oder Kerzen anzünden, ein gutes Buch zu lesen, lange Gespräche zu führen …
Hab ich es schon erwähnt? Ich liebe den Herbst!
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Mehr Informationen zu den Göttinnen, die auf den Bildern zu sehen sind:
Aergia
Ceres
Karpo
Mehr zu den Festen, den Göttinnen und den zahlreichen Bräuchen im Herbst gibt es im artedea-eBook
Herbstäquinox – Mabon:
Das Fest des Dankes und des Übergangs
mit zahlreichen Anregungen, wie du den Herbstbeginn „zauber-haft“ gestalten und alleine, im Kreis von FreundInnen oder der Familie
feiern kannst.