Seid ihr auch so berauscht von dieser Blütenexplosion, die jetzt gerade in der Natur stattfindet?
Je älter ich werde, desto mehr begeistert und erstaunt bin ich über das Wunder, das jedes Jahr in Frühling stattfindet.
Gerade noch Winter, gerade haben wir uns noch die ersten zarten Schneeglöckchen und Primeln gefreut – und schon blüht der Kirschbaum in seiner vollen Pracht, mit ihm die Forsythien, Magnolien, der Flieder, die Tulpen in allen Farben, sogar die Pfingstrosen öffnen schon ein wenig ihre Knospen.
Wie wunderbar.
Das hat die Menschen offenbar schon immer begeistert. Daher feierte man im Alten Rom ab dem 28. April das große Fest der Göttin Flora – die Floralien.
Besonders verehrt wurde Flora von den SabinerInnen von denen die Göttin ursprünglich stammte, bevor sie von den RömerInnen übernommen wurde. Flora ist die Göttin von allem Blühenden, im eigentlichen und im übertragenen Sinne.
Die gute Hoffnung
Sie ist die Personifikation der der blühenden Natur, aller Blumen und aller Pflanzen und des Frühlings. Ganz besonders steht Flora für die Getreideblüte und die blühenden Feldfrüchte. Denn vermutlich ist das, was uns an den Blüten so fasziniert, ein uraltes Wissen, das in unseren Genen eingespeichert ist: Blühende Pflanzen geben Hoffnung auf Nahrung.
Meist erscheint sie als junge Frau, so frisch und blühend wie ihre Jahreszeit. Sie wird aber auch Flora Mater genannt – die mütterliche Göttin steht für die „gute Hoffnung“.
Schon Ovid sagte: „Wo immer etwas blüht, auf dem Acker, im Weinberge, in den Olivenhainen und im Baumgarten, auch in der Blume des Weins, wenn er sich im Fasse regt, sowie im Honig, dem feinsten Stoffe der Blumen, endlich in der Blüte der Jugend und eines fröhlichen Lebensgenusses — so lange die Rose blüht — da ist Flora tätig.“
Vereinzelt wird behauptet, ihr Name sei der geheime Name der Seele Roms gewesen. In Rom gab es zwei Tempel der Flora. Einer lag auf dem Quirinale und war vermutlich sabinischen Ursprungs. Der andere entstand mit den Spielen der Flora in der Nähe des Cerestempels am Circus Maximus. Und natürlich wird Flora auch mit der Stadt Florenz in Verbindung gebracht.
Ab jetzt können wir aus dem Vollen schöpfen
Vom 28. April bis 3. Mai, jener Zeit, in der die Göttin in ihrer ganzen Pracht und Fülle spürbar, erkennbar, erlebbar ist, wurde sie groß gefeiert. War doch nun der Winter endgültig vorbei und Flora machte Hoffnung auf ein leichtes Leben, auf Monate, in denen die Menschen aus dem Vollen schöpfen konnten.
Es gab Umzüge, in denen sich die Menschen mit Rosen schmückten, Gesänge, Gelage mit viel Wein und fröhlichen kleine Theaterstücke.
Allerlei Sex- und Fruchtbarkeitssymbole und promiskuitive Bräuche spielten eine Rolle. Man hielt es für eine angemessene Form, die Göttin Flora zu ehren, indem man sich Medaillons mit erotischen Darstellungen schenkte und sich mit zufällig Vorbeigehenden liebte.
Verschiedene Rituale wie ein rituelles Jagen (mit Netzen) von den Fruchtbarkeitstieren Hase und Ziege wurden abgehalten. Es wurde berichtet, dass die Tänzerinnen auf der Bühne — wenn es das Volk verlangte — ihre Kleidung ablegen und die Tänze und verschiedene Stellungen völlig entblößt weiterführten. Erbsen und Bohnen wurden in das Volk geworfen, die jenen, die sie auffingen, Glück für das ganze Jahr brachten.
Sinnlich-vergnügliche Freude als heilige Handlung
Allerdings waren diese Floralien nicht einfach nur ausschweifende, frivole Vergnüglichkeiten.
Denn ohne die Kraft, die Göttin Flora repräsentiert, gäbe es kein Leben auf der Erde.
Sie bringt die sinnlichen Freuden, die zu Fortpflanzung der Menschen führen und die Fruchtbarkeit der Pflanzen und Tiere, von denen sich die Menschen ernähren können.
Um dies anzuerkennen und zu ehren, wurde Flora gefeiert.
Da pralle Blüten die Geschlechtsorgane der Pflanzen sind, galt Flora auch als Schutzgöttin der körperlichen Liebe.
So ist auch heute noch jede sinnlich-vergnügliche Freude quasi eine heilige Handlung, ein Gebet an Göttin Flora.
Sie ist sozusagen die klassische junge Göttin – wunderschön, jung, fröhlich, lieblich, ausgelassen und sexuell freizügig. All dies passt eigentlich gut in ein patriarchal geprägtes Weltbild. Allerdings ist die Göttin bei all dem völlig selbstbestimmt, unabhängig und frech und erfreut sich an sich selbst in ihrer überschäumenden Ekstase.
Sie regiert nicht, sie spielt
Flora ist keine thronende Göttin mit großem Herrschaftsgebiet und staatstragender Funktion.
Sie ist auch keine allumfassende Große Göttin – sie scheint oft feenhafter: Sie regiert nicht, sie spielt.
Auch Verantwortlichkeit oder dunkle Aspekte sind in ihr nicht zu finden.
Sie ist die personifizierte Gestalt des Frühlingsüberschwangs, der die Welt erfasst.
Flora ist immer zur Stelle, wenn es um Leichtigkeit, Genuss, Lust und gute Laune geht.
Sie verbreitet liebend gerne ein Lächeln, Schalk, Freude, Fruchtbarkeit, Blütenduft und Farbenrausch.
In diesem Sinne beginne ich heute mit meinen ganz persönlichen „Floralien“ und feiere durch bis mindestens 3. Mai!
Wie ich das mache – das bleibt mein Geheimnis. Lasst euch selbst was einfallen!
Und feiert die Floralien in allen möglichen Spielarten. Je mehr sich freuen und feiern, desto mehr erfasst der Frühlingsüberschwang die ganze Welt.
Und das können wir echt brauchen, findet ihr nicht auch?
Hier gibt es mehr Infos zur Göttin Flora
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Bildquellen:
artedea.net
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