Die Bezeichnung Weltfrauentag wandelt sich immer mehr zu „Internationaler feministischer Kampftag“. Denn dieser Tag ist nicht nur eine Feier der Errungenschaften von Frauen durch die Geschichte hinweg, sondern vor allem auch ein lebhafter Aufruf zum Handeln gegen die fortwährenden Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten, gegen die Diskriminirung und die unterschiedlichsten Bedrohungen, die Frauen weltweit erleben.
Ich schreibe nun diesen Blog seit 10 Jahren und hab mir jetzt angeschaut, was ich jeweils am 8. März geschrieben habe?
Meist, dass mir gar nichts mehr dazu einfällt und ich hoffe, noch zu erleben, dass er abgeschafft wird, weil er einfach nicht mehr NOT-wendig ist.
Ich befürchte, da sind wir noch weit entfernt, angesichts dessen, was wir Menschen hier auf dieser Erde alles aufführen. Krieg im Großen wie im Kleinen, die Schlagzeilen sind voll von Femiziden, von Bildern flüchtender Frauen und Kindern, vom Elend der Frauen in den Flüchtlingsquartieren …
Krieg gegen Frauen
Krieg, das ist immer und vor allem ein Krieg gegen Frauen.
„Ob es dir gefällt oder nicht, meine Schöne, du musst es erdulden.“
Das sagte Wladimir Putin kurz bevor er in der Ukraine gewaltsam einfiel.
Das ist ein bekannter russischer Vergewaltigungswitz, den er da zitierte und „die Schöne“ ist in dem Fall die Ukraine.
Die ukrainische Femen-Aktivistin Inna Schevchenko machte in einem „Spiegel“-Kommentar klar, was genau Putin gemeint hatte: „Die ‚Schönheit‘ Ukraine zu zwingen, sich ruhig hinzulegen und den Missbrauch hinzunehmen, das war schon seit einiger Zeit Putins Plan.“
Wladimir Putin verharmlost nicht nur Gewalt, er macht sie auch unsichtbar. In Russland bedeutet das für Frauen schon länger nichts Gutes. Im Jahr 2017 hat er häusliche Gewalt von einer Straftat zu einer Ordnungswidrigkeit heruntergestuft. Nur wer mehr als einmal pro Jahr prügelt und auch nur dann, wenn es sichtbare „Schäden“ gibt, soll strafrechtlich belangt werden, denn der Staat müsse sich aus Familienangelegenheiten heraushalten.
Aber wir müssen dazu nicht weit über unsere Grenzen schauen. Nehmen wir doch einfach Österreich im Jahre 2024 her: Sieben Frauen wurden in Österreich in diesem Jahr bereits ermordet. Sechs davon allein in den vergangenen Tagen. Neun Fälle von schwerer Gewalt zählten die Autonomen Frauenhäuser in den vergangenen acht Wochen. Zudem wurde in dieser Woche der Fall einer Zwölfjährigen bekannt, die von mehreren Jungen mehrfach vergewaltigt worden war.
Das Entsetzen geht durch alle Medien, die Wogen gehen hoch, doch bald werden sie sich wieder glätten. Bis wieder was passiert. Wieviel muss noch passieren, dass etwas passiert? Dazwischen ist das Problem in der Politik nicht so präsent.
Gewalt gegen Frauen ist ein Ausdruck patriarchal geprägter gesellschaftlicher Strukturen und misogyner Wertvorstellungen, die – zum Teil latent, zum Teil ganz offensichtlich – in allen Gesellschaften weltweit in unterschiedlichem Ausmaß bestehen. Erst dann, wenn frauenfeindliche Strukturen aufgelöst werden, kann es Geschlechtergerechtigkeit geben, erst dann werden Frauen in Frieden und Sicherheit leben können. Wie lange müssen wir darauf noch warten?
Krieg gegen „Mutter Erde“
Krieg ist immer ein Krieg gegen Frauen und damit auch gegen „Mutter Erde“.
In vielen Kulturen wird die Erde als weiblich angesehen, als mütterliche Kraft, die uns ernährt und trägt.
Das System der patriarchalen Wirtschaftsmächte hat der Erde den Krieg erklärt, beutet sie aus, zerstört sie, tötet die Lebewesen, die auf ihr Leben (von geschätzten acht Millionen Arten sind akut eine Millionvom Aussterben bedroht), betoniert sie zu und nimmt uns allen den Lebensraum. Konzerne und deren Aktionäre betrachten die Erde als ihr Eigentum, mit der sie anstellen können, was immer sie wollen. Und ja, unser aller Konsumverhalten ist mitverantwortlich, wir sollten uns überlegen, wo wir nicht mehr mitspielen.
„Macht euch die Erde untertan“ – Dieser Satz in diesem patriarchalen Machwerk namens Bibel ist grauenhaft und hat als direkte Folge den Muttermord an der „Großen Mutter“.
Eine dringende Forderung genau am Weltfrauentag: Wir müssen den totalen Krieg gegen die Erde aufgeben. Wir können ihn nicht gewinnen, weil die Erde ein unglaubliches Durchhaltevermögen besitzt. Sie kann ohne weiteres ohne uns leben.
Doch wir können nicht ohne sie überleben.
Der Schlüssel in eine lebensbejahende Welt liegt in der Erinnerung der Kraft des Weiblichen als schöpferische, lebensbejahende Kraft.
Alte Rollenbilder und liebliche Geschenke
Clara Zetkin hat 1911 zum ersten Internationalen Frauentag aufgerufen, die Forderungen sind heute nicht viel anders als vor über einem Jahrhundert – und genauso nötig: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, bessere Aufstiegschancen und Arbeitsbedingungen und mehr Rechte gegen Gewalt und Sexismus.
Eine Zeit lang war ich ja recht hoffnungsfroh, dass sich einiges tut und schon die nächste Frauengeneration den Großteil dieser Forderungen als erledigt betrachten kann.
Doch die letzten Jahre mit Corona-Krise und der zunehmenden Ungewissheit, was in Folge der Kriege und Krisenherde alles geschehen wird, hat alte Rollenbilder und Geschlechterstereotype wieder auf den Plan gerufen und verfestigt.
Und was mich auch wahnsinnig macht: In den letzten Tagen bekomme ich ständig Angebote zum Weltfrauentag: Kosmetikartikel, Wellness-Angebote, Prozente auf schicke Frühlingsmode …
Die Blumenläden, Restaurants und Konfekthersteller überschlagen sich geradezu mit Sonderangeboten, was „Mann“ Frauen am 8. März alles schenken könnte – natürlich möglichst preisgünstig.
Dazu habe ich ein unglaubliches Bild von Merkel und (ausgerechnet) Putin gefunden. Offenbar macht sie gute Miene zum bösen Spiel. Warum hat sie ihm die Blumen nicht ins Gesicht geschlagen?
„Wir feiern den Weltfrauentag“ ist vielfach das Motto. Was gibt es hier zu feiern?
Deshalb finde ich die Bezeichnung „Internationaler feministischer Kampftag“ wirklich angebracht und gut. Da wird vielleicht viel deutlicher, dass Frauen nicht mit Blumen abzuspeisen sind, sondern es wirklich um etwas ganz anderes geht.
Und wenn schon feiern, halte es wie Luisa Francia, die in ihrem Blog salamandra.de sagt:
„Ich feiere den Frauentag nicht, ich nehme mir die anderen 364 Tage…“
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Bildquellen:
fist-3217339_1280 / BenediktGeyer / pixabay.com
Gaia / artedea.net
RIAN archive 186607 German Chancellor Angela Merkel pays a working visit to Russia.jpg / Vladimir Rodionov / commons.wikimedia.org