Gedanken zum „Welt-Mädchentag“ und zum Frauenbewusstsein durch Sprache

Ich mag Mädchen nicht. Also damit meine ich natürlich nicht all jene, die so bezeichnet werden. Ich mag das Wort „Mädchen“ nicht. Nicht für weibliche Kinder und schon gar nicht für junge Frauen, die so lässig als Mädchen oder gar Mädels bezeichnet werden.
Im folgenden einige meiner Gedanken zum Internationalen Mädchentag, der jedes Jahr am 11. Oktober stattfindet.
Dieser hat natürlich einen wichtigen Grund: Er soll auf die weltweit vorhandenen Benachteiligungen von „Mädchen“ hinweisen. Zum Beispiel gehen weltweit rund 130 Millionen Mädchen nicht zur Schule. Barrieren, wie Frühverheiratung, Frühschwangerschaft und sexuelle Gewalt erschweren ihnen den Zugang zu Bildung und hindern sie, selbstbestimmt zu leben.

Dieser „Welt-Mädchentag“ der Vereinten Nationen ist seit 2003 mit wesentlichen Forderungen verbunden, wie gezielte Förderung von Mädchen und jungen Frauen durch Bildung, Bekämpfung der Zwangsehe, Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen, konsequente Umsetzung von Anti-Diskriminierungsgesetzen, keine Toleranz für Gewalt gegen Mädchen und junge Frauen im Namen von Tradition oder Kultur.

Verkleinert und versächlicht

Niemand aber stößt sich an dem Wort „Mädchen“. Auch nicht bei der Bezeichnung „Mädchentag“.
Und das ist schon eine Diskriminierung an sich. Warum?
Weil es eine sowohl verkleinerte wie auch versachlichte Bezeichnung ist.
Denn Mädchen, Mädel, Mäderl, Fräulein ist der Diminutiv (lateinisch deminuere: „verringern, vermindern“, vgl. minus).
Das ist in unserem Sprachgebrauch ganz selbstverständlich, da denkt sich niemand was dabei.
Und es heißt „das“ Mädchen. Was impliziert das Wort „Mädchen“ in seiner sächlichen Form? Eben, dass es eine „Sache“ ist.
Und eine Sache ist zu „gebrauchen“.
Denn auch das Wort „Missbrauch“ weist ja eigentlich nur darauf hin, dass es hier auch einen erlaubten „Gebrauch“ gibt.
Klar ist: Frauen und Mädchen dürfen nicht miss-braucht werden, ge-braucht aber auch nicht!
Das kennen wir so bei der männlichen Form nicht. Es heißt „der“ Bub oder „der“ Junge oder für etwas ältere männliche Wesen „der“ Bursche. Klar, es gibt das Bübchen, das Jüngelchen oder das Bürscherl. Aber damit wird schon etwas ganz spezifisches ausgedrückt, das Bübchen ist etwas ganz Kleines. Das nimmt man sicher nicht so ernst wie den Buben. Und ein „Bürschchen“ (auf Wienerisch „Bürscherl“) – verkleinert und versächlicht – hat immer einen verächtlichen, abwertenden, ja anrüchigen Charakter.
Ansonsten ist ein Bub von seinem ersten Schrei an eindeutig männlich ohne Verkleinerungsform und daher auch Ernst zu nehmen.
Mäd„chen“ hingegen = klein, niedlich, sächlich. Und das macht was mit uns Frauen, von klein auf.
Mädchen ist ein ganz offizieller Begriff, wie er im Duden steht. Den finde ich schon schlimm. Und „Mädel“ geht schon überhaupt nicht, da schwingt sofort das „Deutsche Mädel“ mit und damit der „Bund Deutscher Mädel (BDM)“.

Nehmen wir im folgenden doch gleich auch nochmal das Wort „Fräulein“ unter die Lupe.

Das Männlein im Walde, das Fräulein vom Amt

Das „Männlein“ steht ja bekanntlich im Walde, das „Fräulein“ war zumindest bis ins letzte Jahrhundert ein ganz gängiger Begriff, „es“ saß im Vorzimmer des Chefbüros oder man konnte „es“ zum Tanzen auffordern und „es“ wurde erst zur vollwertigen Person, zur erwachsenen Frau, wenn „es“ geheiratet wurde. „Es“ brauchte also einen Mann, um aus der verkleinerten, versächlichten Form rauszukommen. Das, was Buben und in Folge Männer nie als unterschwellige Diskrimierung erlebt haben.

Wie sehr hat mich das persönlich gestört:
Da hatte ich als gut ausgebildete 27-Jährige mit immerhin schon einigen Jahren Berufserfahrung einen Job mit Managementfunktion und irgendwelche Typen haben sich erdreistet, mich mit Fräulein anzusprechen.
Warum? Weil ich ja nicht verheiratet war. Während der 16-Jährige im zweiten Lehrjahr ganz selbstverständlich mit „Herr“ (und nicht in eigentlich adäquater Form mit „Männlein“) angesprochen wurde.
Jetzt scheinen wir ja endlich dieses unselige Wort „Fräulein“ in unserem Sprachgebrauch (hoffentlich) im letzten Jahrtausend und damit hinter uns gelassen zu haben.
Aber als Mädchen, Mädels ja sogar als „unsere Dirndln“ (vorzugsweise bei Schisport:„unsere Schi-Dirndln“) kommt diese verkleinerte, versachlichte Bezeichnung für Frauen wieder bei der Hintertür rein.

Wer würde zu Top-Sportlern „unsere Buben“ sagen. Ja natürlich werden sie – vor allem in Österreich – als „Burschen“ bezeichnet. Doch – um es nochmals explizit zu erklären – zwischen Burschen und Mädchen liegen zwei entscheidende Unterschiede:
Zum einen hebt sich Bursch ganz deutlich von Bub ab, und verweist damit auf die Tatsache, dass dieser kein Kind mehr ist. Bei weiblichen Bezeichnungen gibt es diese Zwischenstufe nicht. Mädchen – das beginnt zum Zeitpunkt der Geburt bis …
Ja bis wann eigentlich? Bis eine Frau ein „altes Mädchen“ ist?
Zum anderen ist sowohl Bub, wie auch Bursch eindeutig männlich.
Fräulein ist genauso wie Mädchen sächlich (das Mädchen, das Fräulein) und eine Verkleinerungsform.
Wer würde zur Männer-National-Elf „unsere Bübchen“ sagen?

Frauenbewusstsein durch Sprache

Sprache prägt Bewusstsein, transportieren Werte und Normen und ist untrennbar mit der Identität verbunden.
Beobachten wir also ganz genau unser Sprache!
Bewusst angewandt stärkt sie Frauenbewusstsein. Irgendwie dahin geplappert schwächt sie uns.

Und falls ihr wissen wollt, wie ich weibliche Kinder bezeichne: Ich gehe immer mehr zur Form „Maid“ über – „die“ Maid.
Ein schönes altmodisches Wort, das im englischen „maiden“ ganz selbstverständlich ist. Die drei Lebensphasen von Frauen: Maiden – Mother – Crone.
Und ganz klar ist: Ab allerspätetestens dem 15. Lebensjahr sage ich „Frau Müller, Frau Maier, Frau Huber …“
Hab ich neulich erst gemacht, die angesprochene 14-Jährige hat ganz rote Wangen bekommen, mich zuerst ungläubig angeschaut und dann gesagt: „Ich glaube, ich bin jetzt erwachsen.“ – „Ja, das sind Sie, Frau Berger! Gratulation!“

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Bildquellen:
Kore / artedea.net
boys-2025359_1280 / OpenClipart-Vectors / pixabay.com
Caricature; wit and humor of a nation in picture, song and story (1911) (14595740050) / commons.wikimedia.org/

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