April kommt vom Wortstamm „aperire“ – also: (sich) öffnen. Und das zeigt uns die Natur jedes Jahr in eindrucksvoller Art und Weise. Alles öffnet sich – die Blüten, in höheren Lagen die Schneedecke und auch wir Menschen legen unsere Winterkleidung nach und nach ab und öffnen unsere Sinne und unsere Seele dem zunehmend warmen Wetter, den Düften und Klängen dieser Jahreszeit.
All diese Eindrücke waren in früheren Zeiten – in denen die Winter lang, hart und entbehrungsreich waren – Anlass für hoffnungsfrohe Feste.
Die Menschen freuten sich über die „Wiedergeburt“ und die „Auferstehung“ der Natur, die sie oft der Kraft einer Göttin, wie Ostara zuschrieben. Selbst im tiefsten Winter wussten unsere Vorfahren um die Zyklen der Natur und vertrauten auf die neue Lebenskraft, die spätestens im April wieder erblüht.
Von diesen Festen ist das christliche Ostern abgeleitet, das ja nicht von ungefähr im April stattfindet. Aus der zyklischen Wiedergeburt der Natur machte das Christentum allerdings das einmalige Ereignis der Auferstehung des Gottessohnes, aus der periodischen Erlösung von Dunkelheit und Frost die dauernde Aussicht auf Erlösung von der Erbsünde.
Opfer und Sühne
Mir war ja nie ganz klar, wozu es diesen Kreuzestod Jesus und dessen Auferstehung brauchte, um eine neue Religion zu begründen.
Wenn er uns Menschen damit von den Sünden befreit hat, warum gibt es diese dann immer noch?
Es scheint ein Ausdruck eines Opferkultes zu sein, der in patriarchalen Religionen offenbar wichtig ist. Matriarchale spirituelle Richtungen kennen diese Opferung nicht, auch wenn fälschlicherweise immer wieder davon die Rede ist. In Kulten rund um Göttinnen gibt es Weihegaben, bei männlichen Göttern Opfer. Den Unterschied zwischen Opfer und Weihegabe habe ich in diesem Blogbeitrag beschrieben.
Was mich immer schon sehr wütend gemacht hat, waren die angeblichen Sünden der Menschen, für die Jesus stellvertretend sterben musste.
Im Paradies wird „gesündigt“, Gott ist beleidigt, alle sind „schuld“ und Jesus muss getötet werden
Alles begann bei der biblischen Geschichte und dem „Sündenfall“, der von Adam und Eva herbeigeführt wurde und an dem seither jeder Mensch als Nachfahre dieser Ureltern teilhabe.
Ich lese gerade das sehr interessante Buch „Warum ich kein Christ bin“.
Der Autor Kurt Flasch stellt da eine Frage, die mir aus dem Herzen spricht:
„Wie konnte der Ungehorsam des ersten Menschen Gott so sehr beleidigen, dass allein das blutige Opfer seines geliebte Sohnes ihn mit der Menschheit versöhnte?“
Und er führt weiter aus: „Es heißt, der Tod am Kreuz schaffe „Genugtuung“. Gottvater verlange von seinem geliebten Sohn Blut und Tod als Sühneopfer …. Gottvater verlangt es von ihm, weil er die Menschen liebt. Die Liebe geht aber nicht so weit, auf Kompensation zu verzichten. Gottes Liebe zeige sich bei der Erlösung daran, sagen Theologen, dass er das Tier oder den Menschen gibt, die als Opfertier ihr Blut geben. Seine Liebe ist dadurch moderiert – man könnte auch sagen, begrenzt oder sogar: durchkreuzt, dass er im Bewusstsein seiner hohen Würde Schadenersatz verlangt für die Beleidigung durch den Ungehorsam Adams, der für die gesamte Menschheit sprach. Die Verletzung sei auf Seiten Gottes unendlich groß gewesen, deswegen bestehe er auf Wiedergutmachung. Die könne aber nur ein Mensch leisten, der ohne Zutun eines Mannes von einer Jungfrau geboren wurde. Denn die Libido bei der normalen Erzeugung eines Menschen übertrage die Schuld Adams auf alle anderen. Gott gewährt der Menschheit Verzeihung, aber nicht formlos, nicht ohne blutige Vermittlung. Aber liebt er sie nicht schon vorher, wenn er sie befreien will und sich zur Versöhnung entschließt? War er nicht immer mit ihr versöhnt? Bringt erst der Kreuzestod die Versöhnung? Ändert Gott sich durch den Tod Jesu?“
Hat sich Gott geändert?
Das ist doch so eine irrwitzige, in sich nicht schlüssige Story, dass sie als Drehbuch für jeden drittklassigen Krimi durchfallen würde. Sagt der Vater zum Kriminalkommissar: „Ich habe meinen Sohn töten lassen, weil ich ja eigentlich die Menschen so liebe. Aber er musste sterben, weil ein ganz anderer einmal in einen Apfel gebissen hat, was ich ihn verboten habe, weil das MEIN Apfel war.“
Das hat echt das Zeug für eine komplett durchgeknallte Satire.
Ich finde vor allem die letzte Frage im zitierten Text bemerkenswert.
Ändert sich Gott, hat er nach dem Kreuzestod die Welt geändert? Sind die „Sünden“ durch dieses große Opfer von Jesus abgeschafft? Ist die Welt befreit von Leid, Angst, Terror, Gewalt, Krieg?
Mir schaudert vor diesem obskuren Vater-Sohn-Familiendrama, das noch dazu den Anspruch hat, dass es nur geschieht, weil irgend ein anderer lange Zeit davor eine Sünde begangen hat, die gleich auf die gesamte Menschheit übergegangen ist.
Und – wie man am Zustand der Welt leicht erkennen kann – in keinster Weise den erwünschten Effekt der Erlösung erzielte.
Da halte ich mich lieber an die Mythen der Göttinnen. Viele davon erzählen, dass nun die Frühlingsgöttin mit ausgebreiteten Armen über das Land zieht, alles erblühen lässt und uns die Auferstehung der Natur bringt. Ganz ohne Opfer, Sühne und der beleidigten Forderung nach Genugtuung.
Habt ein schönes, heiteres Frühlings-Wochenende und genießt alles, was die wieder auferstandene Natur für uns bereit hält.
Mehr Infos zu den Göttinnen, die auf den Bildern zu sehen sind:
Antheia
Ostara
Pingback: 6. Mai – Fest der Inghean Bhuidhe – Sommerbeginn | Oh Göttin