23. Januar – Tag der Handschrift

In den U.S.A. wird heute, am 23. Januar der „Nationale Tag der Handschrift“ begangen. Dieser Tag soll an die Ausdrucksfähigkeit von Handschriften erinnern, die im digitalen Zeitalter immer mehr vergessen wird.
Ich habe dazu gerade einen persönlichen Bezug, denn ich habe neulich beim Ausmisten ein paar alte Schulhefte von mir gefunden und war erstaunt über meine schöne Handschrift, die ich als 17-jährige hatte.
Heute schreibe ich viel „schlampiger“ und auch viel seltener etwas mit der Hand als damals. Wenn ich nicht regelmäßig meine Tagebücher schreibe, was würde ich sonst noch mit der Hand schreiben?
Einige hingekrixselte Notizen, einen Einkaufszettel vielleicht.
Alles andere tippe ich auf meiner Computertastatur. Und wenn ich etwas Interessantes sehe, das ich mir früher noch aufgeschriebenhätte, dann mache ich jetzt davon ein Foto von meinem Handy.

Please, put your John Hancock here

Ja und natürlich schreibe ich meine Unterschrift auch mit der Hand. Überall dort, wo noch keine „digitale Signatur“ erforderlich ist.

Eine Unterschrift ist übrigens auch der Grund für die Wahl des Datums des nationalen Tages der Handschrift. Dies ist nämlich der Geburtstags von John Hancock, dem dritten US-amerikanische Präsident und Mitunterzeichner der Unabhängigkeitserklärung.
Auf dieser nahm seine Unterschrift ganze 13 Zentimeter ein, weshalb sein Name fortan in den USA zum Synonym für Unterschrift wurde.
Um jemanden um seine Unterschrift zu bitten, kann dort also gesagt werden: „Please, put your John Hancock here!“.

Göttinnen – Erfinderinnen der Schrift

So, und wer hat’s erfunden? Die Handschrift nämlich – und damit auch die Schrift.

Es gibt zahlreiche Mythen, die davon erzählen, wie eine Göttin die Schrift erfunden bzw. den Menschen gebracht hat. Das zeigt deutlich, dass die Schreibkunst eine Gabe ist, die Frauen – in Form von Göttinnen – zugeschrieben wurde. Umso schlimmer übrigens, dass so viel mehr Frauen als Männer Analphabetinnen sind.

Die Erfindung der Schrift gehört zu den nachhaltigsten kreativen und geistigen Leistungen der Frühgeschichte. Göttinnen der Schrift machen deutlich, dass die Schrift von Frauen erfunden und praktiziert wurde.

So hat in den hinduistischen Mythen die Göttin Sarasvati neben der Musik, den Tanz, den Gesang, der Mathematik, den Kalender und der Magie auch die Poesie in die Welt gebracht. Dazu erfand sie natürlich auch die Schrift. Durch ihre Worte soll alles in die Welt kommen, was gerufen wird. Sie hält daher auch in einen ihrer vier Hände die heiligen Schriften, meist in Form einer Schriftrolle.
Sehr interessant ist die Verbindung aller Wissenschaften, wie Sprache, Schrift, Mathematik und Musik mit Magie. Sind doch all diese Gaben der Sarasvati magische Mitteln, mit denen man die Welt verändern, verzaubern, transformieren kann.
Besonders in Bengalen ist es Sitte, dass kleine Kinder am Festtag der Sarasvati das erste Mal in ihrem Leben einen Buchstaben schreiben. Andere schreiben mit „weißer Tinte“ (Milch) Segenssprüche oder ein „Om“ in ihre Bücher.
Während des großen Navaratri-Festivals legen die Menschen, vor allem die Studierenden, Bücher, Schreibzeug und Musikinstrumente vor das Bild der Göttin, damit ihre Weisheit hineinfließen möge und um ihre Gnade und ihren Segen zu erhalten.

Die ägyptische Göttin Seschat hat den Beinamen „Die zuerst geschrieben hat“. Sie ist eine Göttin mit einem sehr umfassenden Wirkungsbereich, in dessen Zentrum aber die Schrift steht. Das Wort „Sesch“ heißt soviel wie Schreiber, die weibliche Form ist Seschet. Damit ist klar, dass dem bedeutenden altägyptischen Berufsstand der (meist als männlich überlieferten) Schreiber eine weibliche Göttin vorstand. Wichtig in diesem Zusammenhang: Im antiken Ägypten tritt eine Frau als erste Schreiberin auf der Narmer-Palette in Erscheinung.
Als Gebieterin über die Schrift wird Seschat von den beiden Personifikationen für das „Hören“ und das „Sehen“ unterstützt, denn das sind die zwei wichtigen Grundvoraussetzungen, um in weiterer Folge überhaupt etwas aufschreiben zu können.

In der sumerisch-babylonischen Geschichte wurde Nisaba als Schutzgöttin aller Schriften und der Schreibkunst verehrt. Ihr Emblem ist ein Schreibgriffel und das Schreibrohr. In ihrer Funktion als Göttin der Schreibkunst wurde sie von den KeilschriftschreiberInnen angerufen.

Eine Bezeichnung der nordische Schicksalsgöttinnen Nornen ist „Die Schreiberinnen“. Sie enthüllten die Geheimnisse des Universums und schreiben diese in das Buch des Schicksals. Skuld, die Norne der Zukunft hält in jeder Hand ein ungeöffnetes Buch oder eine zusammengerollte Schriftrolle. Sie trägt aber auch einen Schleier, denn sie verhüllt noch das, was in diesem Buch geschrieben steht und noch kommen wird.

Bei den griechischen Moiren wird Lachesis meist mit einer Schriftrolle dargestellt.
Sie ist damit sozusagen eine Art „Protokollchefin“ über das Schicksal der Menschen.

In der nordischen Mythologie heißt es auch, die Göttin Idun hätte die Runenschrift erfunden. Sie verleiht als Hüterin der goldenen Äpfel ewige frühlingsgleiche Jugend und Unsterblichkeit. Die Schrift sei ein weiterer Weg zur Unsterblichkeit der Seele.

In Japan ist Benzaiten die Göttin der Sprache und der Literatur. Interessant, dass gerade immer wieder Flussgöttinnen mit der Kunst des Schreibens in Verbindung gebracht werden. Als Göttin des nach ihr benannten Flusses Benzaiten beschützt sie alles Fließende – also auch die Wörter, die Schrift und die Sprache, die fließen soll, die Eloquenz, das Wissen, das nicht stillstehen darf sowie die Wellen und Schwingungen der Musik.

Das hat sie z.B. gemeinsam mit der irischen Göttin Boann, nach der der Fluss Boyne benannt ist. Im alten Irland zählten Poetinnen und Poeten auf ihre Gabe. Es heißt, wenn sie von Boann geküsst werden, dann verleiht sie damit die Quelle der Inspiration und gewährleistet einen guten Schreib-Fluss.

 

Mehr Infos zu den erwähnten Göttinnen:
Benzaiten
Boann
Idun
Lachesis
Moiren
Nisaba
Nornen
Sarasvati
Seschat 
Skuld

 

Bildquellen:
writing-923882_1920 / StockSnap – pixabay.com
Göttinnen Sarasvati und Idun – artedea.net

 

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