Heute ist ein Glückstag!
Denn im Alten Rom war der 24. Juni der traditionelle Feiertag der Göttin Fortuna.
Dieser Stichtag markierte nach dem Julianischen Kalender die Sommersonnenwende.
Dass Fortuna genau an diesem Tag geehrt und gefeiert wurde, kommt nicht von ungefähr: Jetzt ist vieles in der Natur herangereift, jetzt beginnt die Erntezeit, die sich bis in den Herbst zieht.
Und dazu braucht es – neben all der harten Arbeit – auch Glück und die Gunst von Fortuna.
Was gesät wurde, das muss nicht aufgehen, was geblüht hat, das kann durch schlechte Witterungsbedingungen nach der Blüte zunichte gemacht werden, was in der volle Reife steht, kann durch missgünstige Umstände, wie Schädlingsbefall ungenießbar werden. Und auch die Erntearbeit selbst ist nicht ungefährlich.
Daher hielten die Menschen zu Sommerbeginn inne, um sich mit der Göttin in Verbindung zu setzen und um ihr Wohlwollen und ihre Gunst zu bitten.
Glück und Schicksal – Fruchtbarkeit und Lust
Fortuna ist ja noch heute eine der bekanntesten Göttinnen. Wir kennen sie als Glücks- und Schicksalsgöttin.
Ursprünglich war sie aber vor allem eine Göttin der Fruchtbarkeit und der Lust.
Sie verleiht jene Triebe, die Frauen und Männer dazu veranlassen, sich zu lieben und zu vermehren.
Aus dieser unwiderstehlichen Kraft (lat. „fors“) ist wahrscheinlich auch ihr Name Fortuna (lat. für Glück) hergeleitet.
Als gebende Göttin erlaubte sie vor allem die Befruchtung von Menschen, Tieren und Pflanzen.
Ihre anfängliche religiöse Bedeutung als Fruchtbarkeitsgöttin wurde später von ihren Glücks- und Schicksalsaspekten verdrängt. Als Orakelgöttin wird Fortuna häufig zur Zukunft befragt. Bereits im Alten Rom geschah dies oftmals über das Ziehen von Losen oder kleinen Holzstücken mit eingeritzten Linien, die von PriesterInnen gedeutet wurden.
Die Attribute der Fortuna sind das Füllhorn für Überfluss, das geblähte Segel für Unberechenbarkeit, ein Steuerruder, mit dem sie das Schicksal der Menschen lenkt und das Glücksrad.
Sie sorgt für Überraschungen und Veränderungen. Dennoch gewährt und verteilt sie nicht blind, wie ihr griechisches Pendant, die Göttin Tyche. Im Gegensatz zu dieser, die vor allem den unberechenbaren Aspekt des Glücks personifiziert, bringt Fortuna Glück und Segen bewusst.
Glück als vitaler Bestandteil des Lebens
Das Angenehme: Sie steht für all das, was „zufällt“, was nicht erarbeitet oder verdient werden muss. Dabei hat sie es gerne, wenn man an sie und das Glück glaubt. Großartige Rituale braucht es dazu nicht. Vielleicht ein kleines Stoßgebet, aber auch dadurch lässt sie sich nicht wirklich beeinflussen oder bestechen.
Fortuna steht für frohgemute Hoffnung und erinnert Frauen, dass Glück ein vitaler Bestandteil des Lebens ist.
Im Tarotblatt X — „Rad des Schicksals“ wird nicht selten eine weibliche Figur mit einem Rad dargestellt, die als die Göttin Fortuna zu deuten ist.
Was genau ist Glück?
Was das Glück betrifft, da ist die deutsche Sprache ja ziemlich ungenau und versammelt vieles unter diesem Begriff, denn „Glück haben“ ist z.B. etwas ganz anderes als „glücklich sein“.
Die englische Sprache ist da viel genauer, hier wird unterschieden zwischen:
- fortune – ist mehr im Sinne des (positiven) Schicksals zu verstehen
- fortunateness – Glück im Sinn von Erfolg
- luck – das augenblickliche durch Zufall oder Außeneinwirkung Glück (z.B. im Sinne der Liebe oder im Spiel)
- happiness – Glücksgefühl, auch Fröhlichkeit, glücklicher Gefühlszustand im Sinne von erlebtem, anhaltenden Glück
- Im Gegensatz zu „pleasure” – welches eher erlebtes, kurzzeitiges Glück ausdrückt
- bliss -Freude, Entzücken, Wonne bzw. das ganz große Gefühl der Glückseligkeit
- joy – Freude, Lust, Vergnügen – auch wichtige Glücksfaktoren
- auspiciousness – bezeichnet Glück im Sinne von „günstige Aussicht“
- serendipidity – ist glücklicher Zufall
- beatitude – Glückseligkeit, auch: Seligpreisung
- felicity – Glückseligkeit, auch: Segen
Um all diese Nuancen auszudrücken, um das zu beschreiben, was wir mit körperlich-sinnlichen oder sinnerfüllten, befriedigenden, wohltuenden, intensiv-glühenden, seligen, zufällig sich einstellenden oder durch eigenes Streben errungenen positiven Gefühlszuständen meinen, benützen wir in der deutschen Sprache oft nur das eine Wort: „Glück“.
Oft – wenn Fortuna im Spiel ist – ist es ja nur eine günstige Wendung des Schicksals, die uns davor bewahrt, ins Unglück zu schlittern oder etwas Schlimmen gerade noch entkommen zu sein.
Glück gehabt!
Ich mag den Satz, den Friedrich Torberg seiner „Tante Jolesch“ in den Mund gelegt hat:„Gott soll einen hüten vor allem, was noch ein Glück ist.“
Finde die Lücke, in der das Glück Platz hat
Spannend finde ich übrigens auch die Sprachwurzel für Glück: „(ghe)lucke“.
Darauf ist auch das englische „luck“ zurückzuführen, das knüpft an das gotisch angelsächsische „lukan“, das altnordisch altfriesische „luka“, das angelsächsische „lucan” und das althochdeutsche „luhhan“.
Und all das hat etwas mit dem Wort „Lücke“ bzw. „Luke“ zu tun hat.
Das können wir durchaus so verstehen, dass das Glück eine Lücke braucht, um in unser Leben kommen zu können.
Vielleicht wollt ihr diesen Glückstag nutzen, um so eine Lücke zu schaffen, in die das Glück hinein schlupfen kann. Das geht schon mit einer halben Stunde süßen Nichtstun oder – wenn wir schon mit Fortuna bei einer römischen Göttin sind – „dolce far niente“.
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