Was ist wahr an der Weihnachtsgeschichte oder was sind alternative Fakten.
Schauen wir uns doch ein wenig Zeit und Ort der Geburt des christlichen Messias an.
Das weiß doch jedes kleine Kind:
Wann und wo ist Jesus geboren?
Am 24. Dezember in Bethlehem. Aha! Wirklich? Und wenn ja, in welchen Jahr?
Interessante Details, die unsere gesamte Zeitrechnung gehörig auf den Kopf stellen!
Der Zeitpunkt
24. Dezember des Jahres Null?
Oder vielleicht doch der 25. Dezember? Oder gar der 6. Januar?
Beginnen wir mit dem Jahr:
Im römischen Reich kannte man keine Null, so geht es schon los.
Und das Jahr Null gab es gar nicht, weil die Zeitenwende, die man mit Christi Geburt angesetzt hat, vom Jahr – 1 ins Jahr + 1 überging.
Also um welches Jahr kann es sich da gehandelt haben?
„Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, alle Welt solle sich einer Zählung unterwerfen“, und zwar „als Quirinus Landpfleger von Syrien war“ so steht es in Lukas 2, 1-6.
Doch damit gehen die Schwierigkeiten schon los, denn Publius Sulpicius Quirinus war in den Jahren 6 bis 7 nach Christus römischer Statthalter in Syrien.
Herodes allerdings, dem ja laut dem Evangelium nach Matthäus der Kindermord in Bethlehem zugeschrieben wird, ist bereits im März des Jahres 4 vor Christus gestorben.
Es ergibt sich daraus also ein Zeitfenster von rund 11 Jahren. Und einer der wesentlichen Protagonisten in der biblischen Geschichte ist auf jeden Fall falsch.
Die Frage ist nur: Ist es Quirinus oder Herodes?
Damit führt sich aber auf jeden Fall unsere ganze Zeitrechnung komplett ad absurdum mit ihren Zeitangaben in „vor“ und „nach“ Christus.
Der Monat Dezember
Die Bibel berichtet auch nicht, an welchem Tag oder in welchen Monat Jesus geboren wurde. Doch verschiedene Hinweise lassen den berechtigten Schluss zu, dass seine Geburt nicht im Dezember war.
Ein Grund dafür sind die Witterungsverhältnisse, die in Jesu angeblichen Geburtsort Bethlehem zu jener Jahreszeit herrschen.
Im Lukasevangelium steht: „In jener Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde. Da trat der Engel des Herrn zu ihnen und der Glanz des Herrn umstrahlte sie. “
Hirten auf freiem Felde – das war auch in dieser Region im Dezember nicht üblich. Denn von November bis Januar ist es rund um Betlehem kalt und regnerisch.
Es gibt die niedrigsten Temperaturen des Jahres und im Hochland schneit es gelegentlich.
Zudem schreibt der Talmud den Juden vor, die Herden im November in die Ställe zu führen und erst im März wieder auf die Weiden zu lassen.
Dann die Sache mit dem Befehl des Kaiser Augustus, dass sich alle Bewohner des Reiches in Steuerlisten einzutragen hatten, wie wir es im Lukasevangelium lesen.
Das war ja der eigentliche Grund, warum Joseph mit der hochschwangeren Maria überhaupt unterwegs war.
Es gibt von dieser großen Steuerzählung außer in der Bibel keinerlei historische Aufzeichnungen, was schon seltsam genug ist. Denn im Römischen Reich wurden viel geringere Ereignisse aufgezeichnet und so der Nachwelt erhalten.
Zudem betonte Lukas: „das geschah zum ersten Mal“, so als wollte er sich von einer zweiten, späteren Schätzung abgrenzen. Leider gibt es keine antike Quelle, die eine Steuerschätzung in Judäa in den Jahren vor dem Tod des Herodes, also irgendwann zwischen 8 und 4 v. Chr., bestätigt.
Die Philologie des Neuen Testaments hat schon längst den Schluss gezogen, dass die angebliche Volkszählung nur dazu diente, einen Grund herbei zu erzählen, um Christus nicht in Nazareth, wo seine Familie lebte, sondern in Bethlehem, der Stadt König Davids, zur Welt kommen zu lassen. (Davon mehr etwas weiter unten im Text.)
Aber nehmen wir mal an, es hat diese Steuerzählung wirklich gegeben. Dann hätte Augustus wohl nicht ausgerechnet in der unwirtlichsten Zeit im Jahr die Leute kreuz und quer durchs Land geschickt.
Denn die Römer waren Meister der Organisation und Struktur. Hätten sie daher eine Volkszählung mitten im Winter angeordnet? Natürlich nicht. Das wäre ganz und gar kontraproduktiv gewesen! Im Winter können die Temperaturen in der Nähe von Jerusalem unter den Gefrierpunkt fallen. Die Straßen wären matschig und nass gewesen, das Wetter kalt und regnerisch. Gelegentlich hätte es auch geschneit. Es wäre eine schreckliche Reisezeit gewesen, Stürme und Regen machten das Reisen im Winter sowohl unsicher als auch unerfreulich.
Warum also dieses Datum?
Der 25. Dezember als Tag der Christgeburt wurde von Papst Hippolytos im Jahre 217 bestimmt. Er legte dieses Ereignis ganz bewusst auf die durch lange Zeit schon rituell besetzte Wintersonnenwende.
Die meisten Mysterienkulte feierten die Geburt des „göttlichen Kindes“ um die Wintersonnenwende herum. Der 25. Dezember galt auch als der Geburtstag von Attis, Dionysos, Osiris, Baal, Mithras und anderen Versionen des Sonnengottes.
Im Alten Rom feierten die Menschen die Wintersonnenwende als das Fest des Sol Invictus, des „unbesiegbaren Sonnengottes“, in das ältere saturnalische traditionelle Festlichkeiten freudiger und erotische Bräuche eingeflossen sind.
Diese Saturnalien waren ein Fest, das Saturn, dem Gott des Ackerbaus gewidmet war und mit dem man die wiedererlangte Kraft der Sonne feierte.
Die Geburt des Sonnengottes Apollo wurde in einer späteren Epoche im antiken Rom traditionell am 25. Dezember gefeiert.
Um 330 schließlich erklärte Kaiser Konstantin das Christentum zur römischen Staatsreligion und funktionierte den alten Sonnengott um in den neuen Christengott, der als „lux mundi“ – als Licht der Welt – gefeiert wurde.
Damit wurde der Geburtstag von Jesus in sehr provokanter Weise auf den Feiertag des römischen Sonnengottes Sol Invictus gelegt. Das war eine hochpolitische Entscheidung, weil damit die Opposition gegen die römische Welt und deren religiöse Vorstellungswelt zum Ausdruck gebracht wurde.
Wo also der „Sol invictus“ gefeiert wurde, sollte nun der Geburt einer noch größeren Lichtquelle gedacht werden. Das Weihnachtsfest wäre, so verstanden, ein umgedeuteter Sonnenkult.
Auch in vielen anderen Gebieten des großen Römischen Reiches wurden zur Wintersonnenwende ganz besondere Rituale abgehalten. Diese konnte man nicht einfach verbieten oder ausradieren. Und so musste die noch sehr junge Religion diese mit einem bedeutsamen Fest überlagern. Und ungeachtet der Hinweise in der Bibel wurde kurzerhand die Zeit um die Wintersonnenwende zum Fest der Geburt Jesu.
Welcher Tag genau?
Bleibt jetzt noch die Frage:
Warum feiern manche am 24. Dezember Weihnachten.
Andere allerdings erst am 25. Dezember oder sogar erst am 6. Januar?
Da ja von all diesen Kalendertagen nichts in der Bibel steht, gibt es nur Vermutungen zu den unterschiedlichen Fest-Zeitpunkten.
Also: In der Kirche bei der Christmette hören wir die fromme Geschichte, dass das Jesuskindlein in der Nacht von 24. auf den 25. Dezember geboren wurde. Das ist natürlich eine reine Lüge und dafür müsste eigentlich jeder Pfaffe dereinst in der Hölle schmoren.
Aber lassen wir das nun einmal gnädig beiseite.
All jene, die Weihnachten mit Geschenken und allem drum und dran am 25. Dezember feiern, können sich sicher sein: Jesus ist bereits geboren!
Was aber ist mit dem Abend des
24. Dezembers?
Eine spannende Geschichte. Da ist Jesus noch nicht auf der Welt und Maria in den Geburtswehen.
Hier wird also vielmehr die „göttliche Mutter“ gefeiert am Abend jener Nacht, die bei unseren angelsächsischen AhnInnen als „Modraniht“ – die „Nacht der Mütter“ gefeiert wurde und später im Römischen Reich in „matrum noctem“ umgewandelt wurde.
Je nach Auslegung ist diese Mutternacht die Nacht auf den 21. auf den 22. bzw. auf den 25. Dezember. Traditionell gebiert in dieser Nacht die Göttin tief in der finsteren Erde in der stillsten aller Stunden das neue Sonnenkind.
Die darauffolgenden „Rauhnächte“, in denen es so ruhig ist und die Zeit sozusagen still steht, können als das „Wochenbett“ der Erdgöttin gedeutet werden, in der sie sich nach ihrer „Lichtgeburt“ ausruht.
Es gibt eine Reihe an Beispielen aus vorpatriarchalen Traditionen, die als Zentrum die Verehrung der Göttin als Mutter des Göttlichen Kindes hat. Der Schwerpunkt lag dabei immer auf der Mutter und nicht auf dem Kind.
Die „Mütter“ waren meist jene „jungfräulichen“ Göttinnen, die – ganz ohne männliches Zutun im Laufe der Jahreszeiten mithilfe der zyklischen Kraft den Tod in Leben, die Finsternis in Licht, die Nacht in Tag, den Winter in Frühling verwandelten.
Die Betonung auf die Mutter an diesem Abend des 24. Dezembers wird auch noch durch das matriarchale Verständnis des Tagesablaufes unterstrichen. Hier beginnt der neue Tag bereits in der Dämmerung des Vorabends. Denn alles, alles, alles hat in der Dunkelheit seinen Anfang. Jedes Samenkorn – ob Pflanze, Tier, Mensch, ist in der Dunkelheit eingebettet, bevor es ans „Licht der Welt kommt“.
Verborgen und beschützt im „Erdreich“, das oft als Muttergöttin angesehen wird oder in der dunklen Höhle einer Gebärmutter. Wie jene von der Muttergöttin Maria, aus der in dieser Nacht die lichtvolle Gestalt des Jesus hervorkommt.
Zahlreiche orthodoxe Kirchen begehen die Geburt Christi erst am 6. und 7. Januar.
Der Grund dafür sind unterschiedliche Kalender. Einige orthodoxe Gemeinden, darunter etwa die griechische, übernahmen den „neuen“ gregorianischen Kalender, der in Europa seit 1582 benutzt wird. Sie feiern Weihnachten deshalb zeitgleich mit den katholischen und evangelischen Gläubigen. Die russisch-orthodoxe und die serbisch-orthodoxe Kirche hielten dagegen am alten julianischen Kalender fest. Sie feiern Christi Geburt entsprechend dreizehn Tage später, am 6. und 7. Januar.
Sinnvoll wäre es allemal, die Geschenke erst am 6. Januar zu verteilen, weil da ja angeblich die Weisen aus dem Morgenland mit ihren Gaben gekommen sind und das Schenken ja ein Symbol dafür ist. Aber da dieser Ankuftstag der sogenannten „Heiligen Drei Könige“ am 6. Januar auch mehr als fraglich ist, kann man ohnehin die Packerln verteilen, wann immer man will. (Mehr zu den „Drei Königen“ gibt’s demnächst!)
Wie lange dauert dann eigentlich die Weihnachtszeit?
Vom 24. bis 26. Dezember? Oder doch bis 6. Januar?
Das könnt ihr ganz so handhaben, wie es euch beliebt, denn bei allen diese Daten handelt es sich ohnehin um „Fake-News“.
Bis 1963 begann die Weihnachtszeit im katholischen Kirchenjahr übrigens bereits mit dem 1. Advent und dauerte bis zum 2. Februar an, bekannt als Mariä Lichtmess.
Der Ort
Er heißt Jesus von Nazareth soll in Betlehem geboren worden sein. Das steht auch so in der Bibel. Aber hat da nicht der Evangelist Lukas schon ein wenig geschummelt und die Fakten verdreht?
Für den Geburtsort Bethlehem gibt es zwei triftige Gründe. Und rund um diese wurde wohl auch die ganze Geschichte mit dem durch die Steuerzählung hervorgerufenen Ortswechsel gebastelt:
1. Abstammung von David
Die Verlegung des Geburtsortes vom Wohnort seiner Eltern Nazareth nach Bethlehem und damit in die Provinz Judäa war wahrscheinlich ein Kunstkniff, um die Abstammung Jesu von König David zu belegen.
Für die Legitimation als künftiger Messias war es von großem Vorteil, dass Jesus ein Nachkomme Davids ist, und David stammte nach 1 Sam 16 aus Bethlehem.
Also sollte der Geburtsort Betlehem beweisen, dass Jesus von dem Hause und Geschlechte David war.
Hier gibt es einige seltsame Ungereimtheiten, denn es geht bei der Abstammung von David ja um die männliche Ahnenlinie von Joseph. Die Evangelisten Matthäus und Lukas geben einen Stammbaum Jesu an, der besagt, dass Josef aus dem Geschlecht des israelitischen Königs David stamme.
Aber wer ist laut Bibel der Vater von Jesus?
Da haben wir’s!
Damit wäre Joseph mit seiner ganzen Ahnenlinie ziemlich egal.
Und außerdem: Wäre Joseph tatsächlich der Vater des Jesuskindleins, und wäre damit David auch der Ur-Ur-Ur-Opa von Jesus, dann wäre er das auch ganz gleichgültig davon, wo der Knabe zur Welt kam.
2. Die alttestamentarische Prophezeiung
Der Prophet Micha sagte im 8. Jahrhundert vor Christus voraus:
„Und du, Bethlehem Efrata, die du klein bist unter den Tausenden in Juda, aus dir soll mir der kommen, der in Israel Herr sei, dessen Ausgang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist.“ (Micha 5,1)
Lukas musste also die ganze Geschichte mit der Steuerschätzung erzählen (bzw. erfinden):
Denn er musste Jesus Eltern aus irgendeinem fadenscheinigen Grund vor dessen Geburt nach Bethlehem bringen, damit dieser in Erfüllung der alttestamentlichen Prophetie aus Mi 5 als ordentlicher Messias aus der Familie Davids auch in der Stadt Davids geboren werden kann.
Die Reise Josefs und die Niederkunft Marias wurde wahrscheinlich ganz absichtlich als Fiktion dargestellt, um das Alte und das Neue Testament besser aufeinander abzustimmen.
Die moderne Bibelforschung glaubt übrigens heute viel eher an eine Geburt Jesu in Nazareth.
Fortsetzung folgt!
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Weitere Geschichten rund um die Wintersonnenwende, die „Weihenächte“ sowie die Rauhnachtszeit finden sich hier:
eBooks:
Rauhnächte-eWorkshops:
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Bildquellen:
jesus-2927880_1920 / minamunns90 – pixabay.com
Taddeo Gaddi – Verkündigung an die Hirten (um 1330) – de.wikipedia.org
christmas-1010749_1920 / geralt – pixabay.com
BRUYN, Cornelis de. Voyage au Levant, c’est-à-dire, dans les principaux endroits de l’Asie Mineure, dans les isles de Chio, Rhodes, et Chypre et.c., Paris, Guillaume Cavelier, 1714 – pixabay.com
Arrival of the Holy Family in Bethlehem / Cornelis Massijs – pixabay.com