Das Oktoberfest und die Biergöttinnen

O’zapft is! Das Oktoberfest hat begonnen.
Es gehört zu den ganz klassischen Erntedankfesten. Je nachdem, was ge­erntet wird, gibt es ja unterschiedliche Feste: In Wein­gegen­den gibt es ein Weinfest nach dem anderen, an­ders­wo wird die Kartoffelernte mit den großen Kartoffel­feuern abge­schlossen oder es werden Kohl­köp­fe, Äpfel, Nüsse oder das Ge­trei­de, Mais, Reis oder eben auch das Bier gefeiert. Schätzungsweise werden beim Oktoberfest heuer wieder etwa 6,5 Millionen Maß Bier ausgeschenkt.
Und wie bei allen Erntedankfesten wirkt eine Göttin im Hintergrund. Eigentlich nicht nur eine, sondern eine ganze Reihe an Biergöttinnen.

Bier als Heilmittel

Im sumerisch-assyrisch-babylonisch-mesopotanischen Raum ist Ninkasi als Göttin des Biers auch eine Heilungsgöttin. Ihr Name bedeutet auch: „Die Dame, die den Mund füllt“. Ein Team von ArchäologInnen der Universität Yale hat außerhalb Kairo’s eine 4.500 Jahre alte Bäckerei und Brauerei ausgegraben. Außer Steinkrügen und Getreidelagern entdeckten sie Steintafeln mit Hieroglyphen. Eine dieser Tafeln enthält eine Beschreibung des Brauprozesses und eine Lobeshymne an die sumerische Bier-Göttin Ninkasi:
„Was dein Herz erfreut, das erfreut auch unser Herz. Unsere Leber ist glücklich und unser Herz ist fröhlich. Möge Ninkasi stets mit dir sein.“

Dem Mythos nach ist Ninkasi „aus dem sprudelnden Wasser“ geboren. Ihr Arzneimittel, das sie beim vergifteten Weisheitsgott Enki anwandte und damit auch der Menschheit brachte war Bier. In Maßen genossen und speziell eingesetzt, hat es ja durchaus eine gesundheitsfördernde Wirkung. Bis heute kennt man die Heilkraft des Bieres – zum Beispiel zur Stärkung und Schlafförderung, als Arznei gegen nervöse und stressbedingte Leiden, zur Stimulierung der Magensaftproduktion und der Nierentätigkeit oder als Vorbeugung gegen Prostataerkrankungen.
Der Genuss von heißem Bier wirkt zudem fast wie ein Zaubertrank und lindert die Beschwerden von Erkältungen, der Atem wird freier, die Gliederschmerzen lassen nach und das Immunsystem wird gestärkt. Auch die positive Wirkung auf Haut, Haare und Nägel werden geschätzt.

Nachdem Ninkasi als Göttin für die Braukunst zuständig war, kann davon ausgegangen werden, dass in Mesopotamien die Frauen fürs Bierbrauen und für den Ausschank zuständig waren.
Was als sehr vernünftige Einrichtung erscheint, wenn der Genuss von Bier oder Alkohol im allgemeinen von Frauen geregelt wird.
Vermutlich handelte es sich dabei auch nicht so sehr um ein Alltags- sondern eher um ein Kultgetränk, das die Gottheiten den Menschen überließen. Dafür erhielten erstere jedoch regelmäßig große Bierspenden.

Brot und Bier

Im avespers-3403_640ntiken Ägypten wurde aus Ninkasi die Biergöttin Tejenemit. Der Getreideanbau war einer der größten Reichtümer im alten Ägypten: Der Weizen, aus dem das Brot hergestellt wurde und die Gerste, die zur Herstellung von Bier benutzt wurde.
Brot und Bier — diese beiden Lebensmittel gehörten nicht nur auf den täglichen Speiseplan. Bier diente auch als Lohn für Arbeit (Geld war im antiken Ägypten nicht bekannt). So erhielten Soldaten und Pyramidenarbeiter fünf Krüge Bier am Tag. Nicht jeder Liter ist da wahrscheinlich die Kehle herunter geronnen. Einiges wurde auch zum Tauschhandel mit anderen Waren genutzt.

Die Bedeutung des Bieres zeigt sich u.a. auch daran, dass es im anktiken Ägypten ein eigenes Zeichen für Bier in der Hieroglyphen-Schrift gab. Die Hieroglyphe für „Mahlzeit“ setzte sich aus den Symbolen für „Bier” und „Brot” zusammen.
Zudem wurde das Geschenk der Göttin Tjenemit auch zur Heilung kranker Menschen verwendet. „Bierschlamm”, der im Wesentlichen dem Treber entspricht, wurde als Heilmittel verabreicht. Er half u. a. gegen Husten, Schmerzen und Verstopfungen.
Auch äußerlich wandte man Bier an, denn das Bad im Bier soll eine glatte und reine Haut verleihen. Damit verlieh Tjenemit wahrscheinlich Nofretete und Kleopatra ihre legendäre Schönheit.

Beschützerin der Betrunkenen

Dass Bier auf allen Erdteilen erfunden wurden und man die Erfindung Frauen bzw. Göttinnen zuschrieb, beweist auch die aztekische Fruchtbarkeitsgöttin Mayahuel.
Eine Version ihrer Geschichte erzählt, dass Mayahuel einst eine Bäuerin war.
Diese entdeckte die Fermentierung des Agavensaftes. Damit erreichte sie bei den AztekInnen große Bekanntheit und Beliebtheit. Sie ging als Göttin der Agaven in die Geschichte ein. Aus dem Saft dieser Kaktuspflanze gewann sie eine berauschende Pulque. Diese Pulque kann man sich in etwa wie Bier vorstellen. Sie schenkte damit nicht nur den Menschen das berauschende Getränk. Sie beschützt aber auch alle Betrunkenen und damit ist sie vielleicht die wichtigste Göttin für das Oktoberfest.

Mbaba Mwana Waresa herrscht beim afrikanischen Volk der Zulu über den Regen und damit ist sie eine sehr wichtige Göttin für die Landwirtschaft, das Getreide und die Ernte.
Ihr wird die Macht über das Element Wasser und über die Erde zu geschrieben. Sie ist eine der beliebtesten Göttinnen des südlichen Afrikas.
Das kommt vielleicht auch daher, weil aus dem Getreide, das sie den Menschen schenkt, auch Bier hergestellt werden kann. Sie wird sogar als die Erfinderin des Biers verehrt.
Sie wird in jedem Schluck Bier verehrt, ihrer speziellen Flüssigkeit, die aus so etwas Erdigem wie Getreide, so etwas Flüssiges wie Bier machen.
Das schlürfende Geräusch des schäumenden, perlenden Getränks ist daher Musik in ihren Ohren.

Die gallische Fruchtbarkeitsgöttin Nantosuetta ist auch Göttin aller Flüssigkeiten, damit auch die Göttin der Braukunst und des Biers.

Die japanische Göttin Abe Kamui. Sie wird darum gebeten, gute Geister in den Reis und in das Hirsebier zu bringen, um diese besonders kraftvoll zu machen. Abe Kamui ist abr vor allem eine Herdgöttin. Um sie zu ehren, schüttet man bei jedem Mahl den ersten Schluck Bier in die Feuerstelle.
Auch die gallische Fruchtbarkeitsgöttin Nantosuetta war für alle Flüssigkeiten, damit auch für Bier zuständig und die Göttin der Braukunst.

Zurück in unsere Breitengrade, in denen ja das Oktoberfest stattfindet und damit zur alten alpenländischen Muttergöttin Percht. Es heißt, dass sie und ihre JagdgesellInnen Bier besonders gerne haben, wenn sie in den Rauhnächten um die Häuser ziehen. Viele Sagen erzählen davon, dass, wenn sie in diesen Nächten jemanden den Bierkrug wegnimmt und austrinkt, dieser sich das ganze Jahr wie durch einen Zauber immer wieder von Neuem füllt. Das wär schon was, angesichts der Bierpreise am Oktoberfest 😉

Mehr zu den Biergöttinnen:

Mayahuel
Mbaba Mwana Waresa
Nantosuetta
Percht
Tjenemit

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Bildquellen:
alle Göttinnenbilder – artedea.net
Bier und Brot – vespers-3403_1280 / PDPhotos / pixabay.com

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