Der 1. Mai ist ja ein ganz besonderer Tag im Jahresverlauf. Rund um diesen Termin wurden schon in alten Zeiten große Feste gefeiert, bei denen die Fülle des Frühlings, die sinnliche Lust und die fruchtbare Kraft im Mittelpunkt standen. Viele der alten Rituale und Bräuche sind ganz offensichtlich in andere – vor allem christliche – Feste eingegangen. Auch andere Interessensgruppen nutzten dieses Datum, diese unbändige Kraft, die nun in der Natur zu spüren ist, für ihre Zwecke: So wusste auch die sozialdemokratischen Arbeiterbewegung um die „Magie“ des Maienbeginns.
Gerade die bei diesem Fest bis heute erhaltenen Traditionen, wie jene des Maibaum-Aufstellens oder der Bandl-Tänze hinein in den Mai lassen die archaische Kraft der alten Feste durchscheinen, die nicht durch fromme Mariengesänge oder politische Maifeiern zu unterdrücken waren.
Bäume bringen Glück, Segen und Wohlstand
Bäumen kommen bei den Maifesten eine besondere Bedeutung zu. Bei vielen Gelegenheiten erhoffen sich Menschen von der Kraft der Bäume Glück, Segen, Wohlstand und Gedeihen.
Dies gilt für den Weihnachtsbaum oder das „Gleichenbäumchen“ beim Hausbau wie auch für den Maibaum.
In vielen Traditionen gibt es Baumgöttinnen, die mit diesen symbolischen Bäumen beschworen werden.
Der aufgestellte Maibaum galt als Weihegabe für die Frühlingsgöttin, damit sie die Familien des Dorfes beschützt.
Wie wir es von christlichen Festen kennen, wurden bereits viel früher in langen Prozessionen die Felder abgeschritten und die neue Fruchtbarkeit begrüßt.
Dabei wurde nicht nur der neuen Saat sondern auch allen Bäumen besondere Beachtung geschenkt. Speziell Birken und Weiden wurden umtanzt und unter lauten Gesängen mit bunten Bändern geschmückt.
Denn die Maifeiern sind Feste der Farben nach dem tristen grauen Winter, ein buntes Treiben, das sich auch in den Farben der Bänder ausdrückt. Deswegen werden auch auf andere Bäume bunte Bänder gebunden.
Symbol der Vereinigung
Eine Tradition in ländlichen Gegenden ist das sogenannte Liebesmaien: Als Liebesbeweis bringen noch heute junge Männer ihrer Angebeteten eine geschmückte Birke und stellen diese frühmorgens als Maien-Überraschung vor das Haus der Frau.
Aus diesen alten Baumbräuchen ist das am besten erhaltene Ritual noch jenes rund um den Maibaum.
Dieser gilt ja als phallisches Symbol für die männliche Kraft.
Er wird in fruchtbare mütterliche Erde gebohrt und dessen Spitze ragt durch einen Blütenkranz, der die erblühende Weiblichkeit symbolisiert.
Damit ist er Symbol für die Vereinigung, die „Heilige Hochzeit“ von weiblichen und männlichen Kräften, aus denen gemeinsam neues Leben entstehen kann.
Magische Verknüpfung der drei Welten
Symbolisiert wird dadurch auch die magische Verknüpfung der drei Welten (Himmel, Erde, Anders- bzw. Unterwelt), die ja auch durch den Maibaum selbst dargestellt sind.
Die Tänze um den Maibaum, bei denen Männer und Frauen bunte Bänder ineinander verflechten, erinnern an die Verbindung von Gegensätzlichkeiten, aus denen etwas Neues entstehen kann (wahrscheinlich kommt daher auch der Ausdruck „Anbandeln“).
Mit diesen Bändern will man nun auf magische Weise neue Muster in das Gefüge des Lebens einweben.
Auch der Maibaumkranz wird mit bunten Bändern geschmückt:
● Grün für die wieder ergrünten Wiesen und Wälder
● Weiß für die noch schneebedeckten Berge
● Rot für Lebensfreude und fruchtbare Kraft
An diesem Kranz sind oft auch Eier als Zeichen der Fruchtbarkeit angebracht.
Die Burschen des Dorfes müssen den Maibaum hochklettern und sich ein Ei holen.
Oft werden heute statt oder zusätzlich zu den Eiern auch andere Gegenstände am Kranz angebracht: Würste, Früchte, Tücher, Süßigkeiten, Wein, Säckchen mit Geld u.a.m.
Maikönig ist jener, dem es als erstem gelingt, bis nach ganz oben zu gelangen, durch den Blütenkranz hindurch zu stoßen und seinen Hut an der Spitze des Maibaums zu platzieren.
Die Symbolkraft dieser Handlung – wer ist der Erste beim Ei – braucht man wahrscheinlich nicht weiter zu erläutern …
Um das Stehlen der Maibäume zu verhindern, werden diese (zumeist auch heute noch) in der Nacht bewacht. Ein guter Grund, die ganze Nacht über wach zu bleiben bzw. eine gute Ausrede, warum man in dieser Nacht nicht heimgekommen ist.
Beim Maibaumstehlen gibt es einen strengen Ehrenkodex, der aber regional verschiedenen abweichenden Regeln unterliegt: So darf er z.B. nicht umgesägt, sondern muss in seiner ganzen Länge entfernt werden. Er darf nur am ersten Tag nach dem Aufstellen und an den letzten drei Maitagen gestohlen werden. Aufgestellte Bäume dürfen nicht mehr gestohlen werden. Diebe, die noch innerhalb der Gemeindegrenze beim Abtransport des Maibaumes erwischt werden, müssen den Baum zurückgeben.
Die wechselhafte Geschichte des Maibaums
Erste Belege für den Maibaum findet man bereits im Jahr 1230, wo es die Aufgabe der weltlichen oberen Bürgerschicht war, einen Baum aufzustellen und zu schmücken.
Die heutige Form des Maibaums (hohe Form mit belassener grüner Spitze und Kranz) ist seit dem 16. Jahrhundert überliefert.
Die katholische Kirche versuchte die heidnischen Bräuche rund um die Maibäume zu verbieten. Allerdings brachten die Amerikanische und Französische Revolution ein Neuerwachen des Maibaumbrauchtums. Die Befreiung von der feudalen Grundherrschaft nach der 1848er-Revolution wurde mit Freiheitsbäumen gefeiert.
Ab dem 19. Jahrhundert kam er dann auch als Ortsmaibaum für die selbstständigen Gemeinden (zum Zeichen ihres Selbstbewusstseins) auf.
Was im Zusammenhang mit dem Maibaum-Brauch allerdings auch nicht unerwähnt bleiben darf: Der Brauch des Maibaumaufstellens wurde ab 1938 zum Zeichen von deutschnationalem Brauchtum. Die NS-Propaganda nutzte die starke Symbolkraft des Maibaumes.
Eine interessante Maibaumhistorie gibt es z.B. im oberösterreichen Linz:
Ab 1733 verbot die Kirche hier das Aufstellen eines Maibaums. Nach vielen Jahren der Absenz wurde 1938 auf dem Linzer Hauptplatz wieder ein Maibaum aufgestellt – mit einem Hakenkreuz geschmückt. Es wurde in Linz und an vielen anderen Orten des „Deutschen Reiches“ so dargestellt, als seien Maibäume eine Erfindung des NS-Regimes, bzw. eine Fortführung germanischen Brauchtums. Auch viele Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde in Linz das Aufstellen des Maibaums deshalb als ein dem Geiste von 1938 entsprechender Brauch gesehen. Es vergingen viele Jahre bis 1976 dann am Linzer Hauptplatz wieder ein Maibaum aufgestellt werden durfte.
Ein persönliches Maibaum-Ritual
Die Ursprünge unserer Maibäume waren vielleicht einfach bunt geschmückte Bäume in der Natur.
Einer Überlieferung zufolge sind Menschen früher zu Frühlingsbeginn hinaus in die Natur gegangen und haben die noch kahlen Bäume geschmückt, um sie „daran zu erinnern“, dass sie Blüten tragen mögen. Aus diesem Grund schmücken wir ja auch unsere Weihnachtsbäume, auch um uns gegenseitig Hoffnung zu machen, dass Bäume wieder blühen und Früchte tragen.
Man muss also nicht unbedingt einen Baum schlägern, um ihn zum Maibaum zu machen. Bei einem Frühlings-Spaziergang können bunte Bänder in Bäume und Sträucher gebunden werden – mit einem schönen Gedanken oder mit einem Wunsch.
Oder auch mit etwas, wofür wir dankbar sind: Etwas, was gut gelungen ist, etwas was uns selbstverständlich erscheint und es eigentlich nicht ist oder etwas, das das Leben als Geschenk für uns bereit gehalten hat. Nimm eine beliebige Anzahl von bunten Bänder (z.B. 33, 77 oder 100) und gehe hinaus in die Natur und binde diese verbunden mit jeweils einem Dank an einen Baum.
Wenn du dabei tiefer und tiefer gehst, wirst du wahrscheinlich merken, dass 100 Bänder gar nicht für die Fülle deines Lebens ausreichen.
Besonders Kinder lieben solche Mai-Spaziergänge!
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Bildquellen:
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artedea.net/Göttin Fangga
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de.wikipedia.org/Walter J. Pilsak, Waldsassen/Maibaumkraxler
pixabay.com/maypole-1329290_1920/ASSY
Hat dies auf Die Goldene Landschaft rebloggt.