So, die Sonne ist nun von der Jungfrau in die Waage gewechselt und damit werden die Tage kürzer als die Nächte.
Und der erste Vollmond im Herbst – in der Nacht von Sonntag, den 27. September, auf Montag, den 28. September – verdunkelt sich gleich. Nach 7 1/2-Jahren können wir in Mitteleuropa wieder eine totale Mondfinsternis in voller Länge sehen.
Früher wurde der erste Vollmond im Herbst auch „Erntemond“ genannt. Das helle Mondlicht war einst sehr willkommen, weil es auch in der Nacht Ernte-Arbeiten auf dem Feld ermöglichte.
In diesen aufgewühlten Zeiten wirkt das ja fast wie ein Omen, wenn sich ausgerechnet dieser „Erntemond“ verfinstert.
Das Besondere: An vielen Orten verschwindet der Mond nicht einfach vom Himmel, er erscheint vielmehr in einem düsteren Licht, das in Rotschattierungen von bräunlich bis orangerot variieren kann. Dieses Farbenspiel entsteht durch die Brechung des Sonnenlichts in der Erdatmosphäre, so wird langwelliges rötliches Restlicht in den Schattenbereich hineinlenkt.
Wir sprechen daher auch von einem „Roten Mond“. So ein Phänomen nannte man früher – ein wenig unheilschwanger – auch „Blutmond“.
Dieser Blutmond am 28.09.2015 ist zudem ein „Supermond“! Beides tritt nur sehr selten gleichzeitig auf.
Von einem Supermond spricht man, wenn der Mond besonders groß erscheint. Aufgrund der Erdnähe kann bei dem so genannten Supermond der Mond bis zu 14% größer und rund 30% heller erscheinen als bei normalem Vollmond.
Zeitig aufstehen, um das Mondspektakel zu sehen!
Für alle, die das nicht verpassen wollen: Der Vollmond tritt am Morgen des 28. September 2015 um 02:12 Uhr in den Halbschatten der Erde ein. Von 04:11 Uhr bis 05:24 Uhr befindet sich der Mond vollständig im Kernschatten. Vorher und nachher kann das Spektakel beobachtet werden, wie er sich langsam verfinstert und wieder hell erstrahlt.
Seit jeher galt eine Mond- wie auch eine Sonnenfinsternis als kosmisches Zeichen, das zu allerlei Spekulationen, Orakeln, Prophezeiungen, Beschwörungen und Ritualen Anlass gab. Da und dort war in den Mythologien auch eine Göttin im Spiel.
Was geschieht – rein astronomisch – bei einer Mondfinsternis?
Sonne und Mond stehen einander genau gegenüber, sind also voneinander am weitesten entfernt. Die Erde schiebt sich dazwischen – der Mond tritt auf seiner Umlaufbahn in den Schatten der Erde. Bei einer totalen Mondfinsternis, so wie wir sie am 28. September erleben werden, durchquert der Mond mit seinem vollen Durchmesser den Kernschatten der Erde.
Die Mondfinsternis in den Mythen der Göttin
Trotz dieser (astronomisch) weiten Entfernung wurde das Phänomen einer Mondfinsternis vielenorts als die Vereinigung von Göttin und Gott repräsentiert von Mond und Sonne angesehen.
So sagt man von der Mondgöttin Gleti des Afrikanischen Königreichs von Dahomey, dass sie bei einer Mondfinsternis von ihrem Mann besucht wird. Sein Schatten soll ihr Gesicht verdecken.
Auch von Pandia, der Vollmondgöttin des alten Griechenlands, deren Name die „vollkommen Leuchtende“ bedeutet, wird erzählt, dass sie ab und zu „Herrenbesuch“ bekäme. Dann soll ihr Antlitz vor „Schamesröte“ leuchten.
Wir wollen doch hoffen, dass die Kategorie Scham bei einer alten Mondgöttin gar nicht vorhanden ist und ihr wünschen, dass ihre Wangen in diesen seltenen Liebesnächten, in denen wir Mondfinsternis haben, rot vor Lust glühen.
Auch in anderen Kulturen wurde eine Mondfinsternis mit einer Göttin in Verbindung gebracht:
So soll die hawaiianisch-polynesische Mondgöttin Hina dem Mythos nach als hochstehender Mond von einen Seeungeheuer verschlungen worden sein. Ihr Sohn Maui hat sie aber noch gerettet. Man kann davon ausgehen, dass dies auf das Ereignis einer Mondfinsternis schließen lässt, die damit in die Mythologie des Volkes einging.
Von Mama Quilla, Mondgöttin der Inkas glaubte man, dass sie bei einer Mondfinsternis von einem himmlischen Jaguar verschlungen wird.
Die keltische Kriegs- und Krähengöttin Badb wird oft als blutrünstiger, dunkler, gefährlicher Aspekt der Göttin gesehen. Man sagt von ihr, dass sie im Morgennebel vor einer Schlacht mit ihren riesigen Händen im Fluss die Kleider derjenigen Krieger wäscht, die das bevorstehende Gefecht nicht überleben würden. Das Wasser soll sich rot von ihrem Blute färben.
Wenn sich — bei einer Mondfinsternis — der Mond blutrot färbt, dann galt das auch als Zeichen, dass Badb am Werk ist.
Und wenn die afrikanische Mondgöttin Mawu einmal auf der Erde nach dem Rechten schauen will, dann verschwindet sie einfach von ihrem Platz am Himmel. Das ist bei jedem Neumond der Fall.
Aber: Mondgöttinnen sind unberechenbar – ab und zu macht sie eine Ausnahme und tut dies auch bei Vollmond. Dann sprechen die Menschen von einer Mondfinsternis.
Im antiken Griechenland wurde das Phänomen des „Roten Mondes“ folgendermaßen erklärt: Thessalische Hexen mit bösen magischen Kräften holen die Mondgöttin Selene vom Himmel, um in wilden Ritualen ihr Blut auszusaugen.
Dieses Mysterium rund um den Roten Mond verstörte vor allem die thessalischen Männer. Die Farbe des weiblichen Blutes hat offenbar schon damals den Männern Angst gemacht. Wenn sich dann noch dazu die Erdenfrauen mit dem Blut der Mondgöttin aufladen, dann kann das ja nichts Gutes bedeuten ;o)
Die Männer machten daher viel Krach, trommelten auf allerlei Schlaginstrumente, um die Mondgöttin wieder in den Himmel zu heben. Was auch immer gelang, sie erscheint ja nach einiger Zeit wieder wunderschön, in „unschuldigem“ Weiß schimmernd.
Anderen Überlieferungen zufolge sollen die Frauen Thessaliens ihren Unterleib von dem Rot der Mondgöttin bei einer Mondfinsternis bescheinen haben lassen, was Stärke und Fruchtbarkeit bewirken sollte.
Ganz besonders wertvoll war den thessalischen Priesterinnen der „Mondtau“ – das erste, während einer Mondfinsternis gesammelte Mondblut von jungen Mädchen, das sogar Tote wieder lebendig machen konnte.
Weiß – Rot – Schwarz: Die Mondgöttin zeigt sich in ihren drei Farben
Wenn man die Mondenergie als Symbol für die Frauenkraft sieht, dann ergibt sich in einer Vollmondnacht mit Mondfinsternis auch folgende spannende Deutungsmöglichkeit:
Hier zeigt sich die (Mond-)Göttin in ihren drei Aspekten – mit den Farben weiß (für die Junge), rot (für die Mutter) und schwarz (für die Alte).
Bei guter Sicht und mit etwas Glück ist die Mondgöttin in allen drei Farben zu sehen: in der Mitte schwarz, umgeben von einem weißen und roten Strahlenkranz.
Es ist Vollmond und doch ist es dunkel, so wie auch Frauen mitunter am Zeitpunkt ihrer größten Schaffenskraft oder Fruchtbarkeit stehen und sich dennoch verbergen – nicht strahlen, sondern wohlig oder gefährlich rot glühen oder für eine Weile ganz im Verborgenen wirken.
Im Übrigen: Wer gibt der Mondenfrau den Schutz, der sie unsichtbar macht?
Richtig – die gute alte Erdmutter, hinter der sie sich für eine Weile verstecken kann.
Fein, wenn es auch in unserem Leben Frauen gibt, die uns die Möglichkeit geben, uns für einige Weile im Verborgenen zu halten.
Und wenn von „unheilschwangerem Omen“ die Rede ist.
Ich finde die Idee hat was: Die beiden, meist als weiblich angesehenen, Himmelskörper Mond und Erde tun sich zusammen, um für kurze Zeit einmal die, als männlich geltende, Sonne zu verdecken.
In Zeiten wie diesen, in denen wir die Auswirkungen von tausenden Jahren Patriarchat so deutlich zu spüren bekommen, ist das doch ein wunderbares Zeichen.
Findet ihr nicht auch?
Über dies und einiges mehr können wir in der Nacht von 27. auf 28. September meditieren, uns bestrahlen lassen, unsere rote, weiße und schwarze Kraft feiern.
Die nächste totale Mondfinsternis von langer Dauer wird erst am 27. Juli 2018 zu sehen sein.
Und die nächste totale Finsternis des Erntemondes in vergleichbarer Erdnähe wie am 28.09.2015 findet erst am 02.09.2574 statt.
Mehr Informationen zu den erwähnten Göttinnen:
Pingback: Blutmond – Erntemond | Wilde-Wölfin
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