Faktencheck Weihnachten – der Zeitpunkt und der Ort

Nachtrag zum gestrigen Blogbeitrag, was an der Weihnachtsgeschichte wahr bzw. unwahr ist. Ganz wesentlich ist der Zeitpunkt, an dem dieses Ereignis stattgefunden hat.
Hier einige interessante Details, die unsere gesamte Zeitrechnung gehörig auf den Kopf stellen!
Beim Zeitpunkt sollten wir uns sowohl das Jahr, wie auch die Jahreszeit anschauen:

Also um welches Jahr kann es sich da gehandelt haben?
„Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, alle Welt solle sich einer Zählung unterwerfen“, und zwar „als Quirinus Landpfleger von Syrien war“ so steht es in Lukas 2, 1-6.
Doch damit gehen die Schwierigkeiten schon los, denn Publius Sulpicius Quirinus war in den Jahren 6 bis 7 nach Christus römischer Statthalter der Provinz Syrien, zu der auch Judäa gehörte.
Herodes allerdings, dem ja laut dem Evangelium nach Matthäus der Kindermord in Bethlehem zugeschrieben wird, ist bereits im März des Jahres 4 vor Christus gestorben.
Es ergibt sich daraus also ein Zeitfenster von rund 11 Jahren. Und einer der wesentlichen Protagonisten in der biblischen Geschichte ist auf jeden Fall falsch.
Die Frage ist nur: Ist es Quirinus oder Herodes?
Damit führt sich aber auf jeden Fall unsere ganze Zeitrechnung komplett ad absurdum mit ihren Zeitangaben in „vor“ und „nach“ Christus.

Die Sache mit der Steuerschätzung

Angeblich waren Joseph und Maria ja unterwegs, um sich der von Augustus angeordneten Zählung zu unterwerfen. Es ging darum, dass sich alle Bewohner des Reiches in Steuerlisten einzutragen hatten. Bewohner ist hier bewusst in männlicher Form geschrieben.
Frauen wurden nicht mitgezählt.
Also warum hat sich Joseph nicht alleine auf den Weg gemacht und die hochschwangere Maria daheim in Obhut ihrer Familie gelassen. Aber eigentlich ist auch diese Frage obsulet, denn die ersten umfassenden Steuerschätzungen gab es erst im Jahre 74/75 nach Christus. Es gibt es keine antike Quelle, die eine Steuerschätzung in Judäa in den Jahren vor dem Tod des Herodes, also irgendwann zwischen 8 und 4 v. Chr., bestätigt.
Die Philologie des Neuen Testaments hat schon längst den Schluss gezogen, dass die angebliche Volkszählung nur dazu diente, einen Grund herbei zu erzählen, um Christus nicht in Nazareth, wo seine Familie lebte, sondern in Bethlehem, der Stadt König Davids, zur Welt kommen zu lassen. (Davon mehr etwas weiter unten im Text.)

Kurzum: Die Verfasser des Lukas-Evangeliums mixten kreativ Vergangenheit und Gegenwart. 

Sicher nicht Dezember

Die Bibel berichtet nicht, an welchem Tag oder in welchen Monat Jesus geboren wurde. Doch verschiedene Hinweise lassen den berechtigten Schluss zu, dass seine Geburt nicht im Dezember war.
Ein Grund dafür sind die Witterungsverhältnisse, die in Jesu angeblichem Geburtsort Bethlehem zu jener Jahreszeit herrschen.
Im Lukasevangelium steht: 
„In jener Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde. Da trat der Engel des Herrn zu ihnen und der Glanz des Herrn umstrahlte sie. “
Hirten auf freiem Felde – das war auch in dieser Region im Dezember nicht üblich.
Denn von November bis Januar ist es rund um Betlehem kalt und regnerisch. Es gibt die niedrigsten Temperaturen des Jahres und im Hochland schneit es gelegentlich.
Zudem schreibt der Talmud den Juden vor, die Herden im November in die Ställe zu führen und erst im März wieder auf die Weiden zu lassen.

Wie oft sehen wir in traditionellen Weihnachtskrippen einen Hirten, der ein kleines Lämmchen auf seinen Armen trägt. Klar: Das Agnus Dei (lateinisch für Lamm Gottes) ist ein seit ältester Zeit im Christentum verbreitetes Symbol für Jesus Christus. Aber im Dezember könnte ein Hirte kein kleines Schaf zur Krippe bringen, denn Lämmer kommen im März zur Welt.
Warum also dieses Datum?
Der 25. Dezember als Tag der Christgeburt wurde von Papst Hippolytos im Jahre 217 bestimmt. Er legte dieses Ereignis ganz bewusst auf die durch lange Zeit schon rituell besetzte Wintersonnenwende.
Die meisten Mysterienkulte feierten die ​Ge​burt des „göttlichen Kindes“ um die Wintersonnenwende herum. Der 25. Dezember galt auch als der Geburtstag von Attis, Dionysos, Osiris, Baal, Mithras und anderen Versionen des Son​nen​gottes.
Im ​Alten Rom feierten die Menschen ​die Winterson​nen​wen​de als das Fest des Sol Invictus, des „unbesieg​ba​ren Sonnen​got​tes“, in das ältere satur​na​li​sche tradi​tio​nelle Festlichkeiten freudiger und erotische Bräu​che ein​ge​flos​sen sind.
Wo also der „Sol invictus“ gefeiert wurde, sollte nun der Geburt einer noch größeren Lichtquelle gedacht werden. Das Weihnachtsfest wäre, so verstanden, ein umgedeuteter Sonnenkult.

Der Ort: Warum ausgerechnet Bethlehem?

Er heißt, Jesus von Nazareth soll in Betlehem geboren worden sein. Das steht auch so in der Bibel. Aber hat da nicht der Evangelist Lukas schon ein wenig geschummelt und die Fakten verdreht?

Für den Geburtsort Bethlehem gibt es zwei triftige Gründe. Und rund um diese wurde wohl auch die ganze Geschichte mit dem durch die Steuerzählung hervorgerufenen Ortswechsel gebastelt:

1. Abstammung von David

Die Verlegung des Geburtsortes vom Wohnort seiner Eltern Nazareth nach Bethlehem und damit in die Provinz Judäa war wahrscheinlich ein Kunstkniff, um die Abstammung Jesu von König David zu belegen.
Für die Legitimation als künftiger Messias war es von großem Vorteil, dass Jesus ein Nachkomme Davids ist, und David stammte nach 1 Sam 16 aus Bethlehem.
Also sollte der Geburtsort Betlehem beweisen, dass Jesus von dem Hause und Geschlechte David war.
Hier gibt es einige seltsame Ungereimtheiten, denn es geht bei der Abstammung von David ja um die männliche Ahnenlinie von Joseph. Die Evangelisten Matthäus und Lukas geben einen Stammbaum Jesu an, der besagt, dass Josef aus dem Geschlecht des israelitischen Königs David stamme.
Aber wer ist laut Bibel der Vater von Jesus?
Da haben wir’s!
Damit wäre Joseph mit seiner ganzen Ahnenlinie ziemlich egal.
Und außerdem: Wäre Joseph tatsächlich der Vater des Jesuskindleins, und wäre damit David auch der Ur-Ur-Ur-Opa von Jesus, dann wäre er es auch ganz gleichgültig davon, wo der Knabe zur Welt kam.

2. Die alttestamentarische Prophezeiung

Der Prophet Micha sagte im 8. Jahrhundert vor Christus voraus:
„Und du, Bethlehem Efrata, die du klein bist unter den Tausenden in Juda, aus dir soll mir der kommen, der in Israel Herr sei, dessen Ausgang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist.“ (Micha 5,1)

Maria und Joseph lebten in der galiläischen Stadt Nazareth. Also eigentlich logisch, dass Maria auch dort ihren Sohn zur Welt brachte.
Aber damit hätte sich die alttestamentarische Prophezeiung nicht erfüllt.
Lukas musste also die ganze Geschichte mit der Steuerschätzung erzählen (bzw. erfinden):
Denn er musste Jesus Eltern aus irgendeinem fadenscheinigen Grund vor dessen Geburt nach Bethlehem bringen, damit dieser in Erfüllung der alttestamentlichen Prophetie aus Mi 5 als ordentlicher Messias aus der Familie Davids auch in der Stadt Davids geboren werden kann.

Die Reise Josefs und die Niederkunft Marias wurde wahrscheinlich ganz absichtlich als Fiktion dargestellt, um das Alte und das Neue Testament besser aufeinander abzustimmen.
Die moderne Bibelforschung glaubt übrigens heute viel eher an eine Geburt Jesu in Nazareth.

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Bildquellen:
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BRUYN, Cornelis de. Voyage au Levant, c’est-à-dire, dans les principaux endroits de l’Asie Mineure, dans les isles de Chio, Rhodes, et Chypre et.c., Paris, Guillaume Cavelier, 1714 / commons.wikimedia.org
Arrival of the Holy Family in Bethlehem / Cornelis Massijs / pixabay.com

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Eine Antwort zu Faktencheck Weihnachten – der Zeitpunkt und der Ort

  1. boelleli sagt:

    Sehr interessant – Danke

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