Erntemond – so wurde früher der erste Vollmond im Herbst genannt.
Auch Maismond, Gerstenmond, Fruchtmond, Rebmond sind alte Bezeichnungen für diese wichtige Zeit im Jahr.
Die Ernte ist voll im Gange und muss schnell erledigt werden, bevor die ersten Fröste über’s Land ziehen. Daher war die Zeit um den Vollmond früher so wichtig, denn dank des Mondlichtes konnte bis spät in die Nacht hinein gearbeitet werden.
Diese Bedeutung des Erntemondes spielt in Zeiten moderner technisierter Landwirtschaft keine Rolle mehr.
Allerdings ist der September-Vollmond immer etwas ganz besonderes: Denn dieser scheint sich gleich über mehrere Nächte hinzuziehen.
Der schmale Winkel und der laaaange Vollmond
Normalerweise geht der Mond nämlich in jeder Nacht im Schnitt etwa 50 Minuten später auf. Grund dafür ist die Tatsache, dass sich unser Begleiter in knapp einem Monat einmal um die Erde dreht und die Erde selbst in 24 Stunden einmal um die eigene Achse.
In der Zeit des Erntemondes lässt sich allerdings eine zunächst verblüffende Beobachtung machen: In mittleren nördlichen Breiten scheint der Mond einige Tage lang fast zur gleichen Zeit am Horizont zu erscheinen.
Warum ist das so? Dazu gibt es folgende Erklärung: Die gedachte Bahn des Mondes hat am Himmel rund um die herbstliche Tag-und-Nachtgleiche auf der Nordhalbkugel nur einen sehr schmalen Winkel zum östlichen Horizont.
Daher verschieben sich die Mondaufgänge nur noch um rund eine halbe Stunde jede Nacht. Damit entsteht der Eindruck, der Mond würde für einige Abende hintereinander immer fast zur gleichen Zeit aufgehen.
Zu Frühlingsbeginn auf der Nordhalbkugel ist es übrigens umgekehrt: Dann ist der Winkel zwischen der gedachten Bahn des Mondes am Himmel und dem östlichen Horizont am steilsten – die Mondaufgänge können sich daher von Abend zu Abend um deutlich mehr als die normalen 50 Minuten verschieben.
Da sich Sonne und Mond bei Vollmond auf genau entgegengesetzten Seiten der Erde befinden, geht der Vollmond zu der Zeit auf, zu der die Sonne untergeht. Wir sehen die über dem Horizont aufgehende Mondscheibe also rund um den kalendarischen Herbstanfang an mehreren Tagen hintereinander zur etwa gleichen Zeit am Abendhimmel.
Dank des Mondaufgangs zu Sonnenuntergang erscheint uns der Erdtrabant dicht über dem Horizont zudem oft in ein rötliches Licht getaucht und erinnert dabei fast an einen riesigen Kürbis – und dieser ist ja fast zum Sinnbild der nun bald beginnenden Jahreszeit geworden.
Der Erntemond scheidet die Jahreszeiten
Früher, als es noch nicht so exakte und eigentlich willkürliche Monatseinteilungen wie jetzt gab, richteten sich die Menschen viel mehr nach den Mondphasen. Der Vollmond Anfang Herbst wurde daher auch Scheiding genannt, weil er zum einen die Zeit markiert, in der der Sommer von uns scheidet und weil zum anderen nun auch eine wichtige Aufgabe ist, das Erntegut zu unterscheiden: Was ist gut, was schlecht, was kann konserviert, was muss schnell verbraucht werden.
Die meisten empfinden auch heute noch tatsächlich den September-Vollmond als den tatsächlichen Herbstbeginn, gleichgültig, wann dieser im Laufe des Monats am Himmel steht. Weil nun das abnehmende Tageslicht auch noch mit dem abnehmenden Mondlicht in der Nacht eine besondere Stimmung erzeugt.
Das ist auch immer mit ein wenig Wehmut verbunden. Was hilft, ist vielleicht folgender Gedanke:
Botanisch gesehen ist der Herbst eigentlich auch schon wieder ein Vorbote des Frühlings: Denn während sich die einjährigen Pflanzen für immer verabschieden, werden jetzt bereits die Zwiebeln für die Frühlingsblüher gesteckt und die Natur beginnt durch Selbstaussaat schon in das Erwachen nach dem Winter zu investieren.
Und auch der Abwurf der Blätter hat einen wichtigen Zweck für das kommende Frühjahr. Das Laub wirkt sich auf den Baum und dessen Umgebung günstig aus. Schließlich zersetzt sich die Laubschicht und bildet eine fruchtbare Humusschicht, die die Lebensgrundlage zahlreicher Pflanzen, Pilze und Tiere darstellt und im Frühjahr Grundlage für neues Leben bietet.
Früher war kurz nach der Ernte auch jene Zeit, in der die Menschen einmalig im Jahr so richtig aus dem Vollen schöpfen konnten. Die zahlreichen Erntegöttinnen werden daher oft auch mit einem Füllhorn dargestellt. Alles ist da, alles ist süß und nahrhaft, man braucht nur zuzugreifen – der Tisch ist reich gedeckt, die Vorratskammern füllen sich.
Wir erleben diese Zeit des Überganges in die dunkle Zeit auch nicht so abrupt wie den Wechsel zum Schnitterinnenfest am 2. August, wo vielenorts die Getreideernte beginnt, die auch sehr radikal anmutet.
Jetzt – sechs Wochen danach – ist die Zeitqualität anders:
Die Seele hat viel mehr Zeit, sich an die nun schwächer werdende Wärme und an das abnehmende Licht zu gewöhnen.
Ich wünsche euch ein sanftes Hineingleiten in die Herbstzeit mit vielen kuscheligen Mußestunden!
Infos zu den Göttinnen auf den Bildern:
Karpo
Mama Quilla
immer wieder inspirierend 🙂