Oh Moneta, lass Geld auf die Frauen regnen!
Heute ist der Internationale Mädchentag und der fällt heuer ironischer Weise in Österreich mit dem Equal Pay Day zusammen. Also wie schaut es aus, mit den Chancen von Frauen und Mädchen?
Der Equal Pay Day ist statistisch gesehen jener Tag, an dem Männer bereits das Einkommen erreicht haben, für das Frauen noch bis Jahresende arbeiten müssen.
Susi und Kurti sind gleich alt, haben die gleiche Ausbildung, haben beide bislang die gleich lange Berufstätigkeit und einen Job, in dem sie die gleiche Verantwortung und die gleichen Aufgabengebiete haben.
Quizfrage: Was unterscheidet die beiden? Susi ist eine Frau und Kurti ist ein Mann.
Kurti hat heute, am 11. Oktober soviel verdient, wie Susi erst am am 31. Dezember am Lohnkonto hat.
Das bedeutet, dass Susi 81 Tage „unentgeltlich“ arbeitet.
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – das war eine Forderung der ersten Stunde, als 1909 der erste nationale Frauentag in den USA begangen wurde.
Dass das noch nicht umgesetzt wurde – nach mehr als 100 Jahren – ist eine Schande.
Mir schaudert es einfach, Schwestern, wenn ich mir das bewusst mache: Wir alle gemeinsam werden bis Silvester sozusagen gratis arbeiten. Und das im 16. Jahr des 21. Jahrhunderts.
Was bedeutet das für unser Töchter?
Lisa und Lukas sind zwei aufgeweckte Kinder. Wenn sie sich in einigen Jahren für einen Lehrberuf entscheiden, dann wird sich Lisa – wenn sie sich an den Trend hält – wie alle anderen jungen Frauen schwerpunktmäßig auf drei Lehrberufen beschränken: 1. Einzelhandel, 2. Bürokauffrau und 3. Friseurin.
Für Lukas ist das Feld, wie bei allen jungen Männer wesentlich breiter gestreut und an den ersten drei Stellen stehen Lehrberufe, die schon von Beginn an bessere Karrierechancen und bessere Bezahlung in Aussicht stellen: 1. Metalltechnik, 2. Elektrotechnik, 3. Kraftfahrzeugtechnik.
Das ist nicht deshalb so, weil Mädchen nichts anderes einfällt oder sie zu anderen Berufen nicht fähig sind, sondern weil sie am Lehrstellenmarkt einfach weniger Chancen haben, z.B. in der Metalltechnik zu arbeiten.
Sollten sich Lisa und Lukas zu einem Studium entschließen, dann ist vielleicht folgende Statistik interessant:
Im Studienjahr 2012/2013 haben in Österreich insgesamt 37.3121 Personen ein Studium an einer öffentlichen Universität abgeschlossen, davon 21.896 Frauen und 15.416 Männer. Frauen sind bei Studien-Ende übrigens auch im Schnitt ein Jahr jünger als Männer.
Das wäre ja eine gute Nachricht für Lisa. Es kommt natürlich darauf an, was sie studieren wird, denn davon hängt entscheidend ab, wie viel sie später verdienen wird.
Geisteswissenschaften absolvierten 77%, ein technisches Studium allerdings nur 24% Frauen.
Sollte sie sich dann für eine wissenschaftliche Laufbahn entscheiden, dann wird Lukas wahrscheinlich auch wieder seine Nase vorne haben – sollte der sein Studium überhaupt abgeschlossen haben. Denn beim wissenschaftlichen Personal an den öffentlichen Universitäten beträgt der Frauenanteil 39%. Bei den Professorinnen liegt der Frauenanteil bei nur 22%.
Sollte sie in der Privatwirtschaft Karriere machen wollen, wird Lisa vermutlich auch bald an die „Gläserne Decke“ stoßen. Denn laut einer Untersuchung der Arbeiterkammer Wien lag der Frauenanteil in den Geschäftsführungen der Top 200-Unternehmen in Österreich 2015 bei 5,9%.
Also warum verdienen Frauen im Durchschnitt weniger und haben die schlechteren Karten bei ihrer Karriere?
Einige der vielen Gründe:
- Männer haben mächtige Netzwerke, die ihnen die besseren Jobs, schnellere Karrieresprünge verschaffen (dort wo Frauen oft ihr ganzen Berufsleben an der „Gläsernen Decke“ kleben, werden sie von jüngeren, unerfahreneren, schlechter ausgebildeten Männern mit Leichtigkeit überholt).
- Männer machen weniger unbezahlte Arbeit: Die (oft auch nur vermutete) Doppelbelastung durch Haushalt und Familie, lässt Arbeitgeber davon zurückschrecken, Frauen zu engagieren. Hausarbeit, Kinderbetreuung, die Pflege und Betreuung von älteren Angehörigen – das sind die undankbaren, weil unentlohnten Arbeiten, von denen sich Männer immer noch recht erfolgreich fernhalten.
Sollte also Lisa Kinder bekommen, dann werden sich vermutlich ihre Chancen auf gleichwertige Jobs mit guter Bezahlung drastisch verringern:
Denn laut Statistik Austria haben bei den 25- bis 49-jährigen Frauen mit Kindern unter 15 Jahren mehr als zwei Drittel einen Teilzeitjob. Bei Männern mit gleichen Voraussetzungen sind es nur 5,6 Prozent.
Im Lauf der Berufstätigkeit rutschen dann Frauen immer weiter in die unterschiedliche „Lohnschere“: Babypause, Halbtagsjobs, weniger Chancen, sich weiterzubilden, beim Wiedereinstieg sind die Qualifikations- und Aufstiegsmöglichkeiten der Frauen mehr als beschränkt.
- Männer arbeiten in besser bezahlten Branchen – siehe Lehrstellenwahl.
- Männer haben ein besseres Geschick in punkto Gehaltsverhandlungen (sie müssen sich bei Einstellungsgesprächen auch nicht den Fragen „Was machen Sie wenn Ihr Kind einmal krank ist?“ oder „Wie schaut Ihre Familienplanung in den nächsten 5 Jahren aus?“ stellen.)
Die Chancen für Mädchen wie Lisa? Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Gehaltsschere österreichweit um lediglich 0,07 Prozent geschlossen. Die Veränderungen im Erwerbsalltag von Frauen lassen annehmen, dass der Equal Pay Day auch in den nächsten Jahren nicht wesentlich nach hinten rücken wird.
Was tun?
- Mädchen fördern, wo immer es geht
- keine einschränkenden Glaubenssätze in der Erziehung
- sie für MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, d.h. Biologie, Chemie, Physik, sowie Technik) begeistern und sie ermutigen, sich für Berufsfelder, die für Frauen untypisch sind, zu entscheiden
- gendergerechte Sprache – hören Mädchen immer nur „Arzt“, „Apotheker“, „Rechtsanwalt“, „Pilot“ etc. – wie sollen sie dann von klein auf checken, dass es auch Ärztinnen, Apothekerinnen, Rechtsanwältinnen, Pilotinnen gibt
- Mädchen bei der Entwicklung eigener Lebensentwürfe unterstützen, damit sie ihre Verhaltensweisen, Wünsche, Interessen nicht als unerfüllbare Utopien wahrnehmen
- Wertschätzende Haltung gegenüber allen Frauen (Frauen machen einfach andere Frauen nicht schlecht!)
- Mädchen vermitteln, dass sie auf Strukturen, Prozesse und Situationen verändernd einwirken können und gemeinsam stark sind (am besten mit Vorbildwirkung)
- Grenzen im Kopf abbauen
- alle, die es in der Hand haben: Mädchen berufliche Chancen geben – bei der Einstellung und bei Karrieresprüngen
- unterstützende Frauennetzwerke bilden – für private, vor allem auch für berufliche Belange
- last but not least: Sie mit weiblichen Vorbildern vertraut machen, was auch das „Gottesbild“ betrifft. Denn ist Gott ein Mann, dann sind auch alle Männer Götter.
Die vielen, vielen Göttinnen, die es schon lange vor dem patriarchalen monotheistischen Gott gibt, findet ihr auf artedea.net
Tjabitter, da mir vom Jugendamt mein Job genommen wurde, ich bin Ingenieurin, stößt mir dein Artikel nur all zu sauer auf 🙁
Schön, dass und wie du darüber schreibst! <3