Maria, warum blutest du?

Ob ihr es glaubt oder nicht: Der heutige 1. Januar ist der Bloody-Mary-Tag.
Dass er genau am ersten Tag des Jahres gefeiert wird, kommt wahrscheinlich davon, dass in der Nacht von Silvester auf Neujahr viele über ihren Durst trinken. Denn angeblich soll eine Bloody Mary gegen einen Kater helfen. Die Mischung aus Wodka, Tomatensaft und diversen Würzmitteln, wie Pfeffer, Selleriesalz, Zitrone, Tabasco- oder Worcestersauce macht’s aus. Der Drink soll den Magen beruhigen und Elektrolyte ersetzen, außerdem liefert er die Vitamine C und B6, die beide bei der Verringerung der Auswirkungen eines Katers hilfreich sind.
Viele schwören darauf!
Woher bekam der Drink seinen blutigen, ja blutrünstigen Namen und wer war diese Bloody Mary?
Dazu gibt es einige Erklärungen:

  1. Die Bloody Mary soll nach der englischen Königin Maria I. Tudor (1516-1558) benannt worden sein. Diese hatte aufgrund ihrer blutigen Protestantenverfolgung im 16. Jahrhundert diesen Beinamen von ihrer Nachfolgerin auf dem Thron, Elisabeth I., erhalten. Der Tomatensaft soll das in dieser Zeit vergossene Blut darstellen und der feurige Wodka die bösartige Art und Weise veranschaulichen,  wie Königin Mary Tudor ihre Feinde hinrichtete.
  2. Einer verbreiteten Thekenlegende zufolge geht der Cocktail auf Hollywood-Schauspieler George Jessel zurück, der 1927 nach einer durchzechten Nacht in einer Bar in Florida eine verbliebene Flasche Wodka mit Tomatensaft, Worcestershiresauce und Zitronensaft gemischt habe, um den Kater aller Anwesenden zu dämpfen.
    Kurz darauf sei eine Freundin namens Mary Brown Warburton erschienen und habe ihr weißes Kleid mit dem neuen Drink bekleckert, worauf sie ausrief „Now you can call me bloody Mary, George!“
  3. Eine andere Geschichte erzählt, dass die Bloody Mary nach einer Kellnerin namens Mary benannt wurde, die in einer Saloon-Bar namens The Bucket Of Blood in Chicago arbeitete.
  4. Der amerikanischen Folklore zufolge geht die Gestalt der Bloody Mary auf eine Frau aus Massachusetts namens Mary Worth (alternative Namen sind Mary Whales und Mary Jane) zurück, welche im 17. Jahrhundert gelebt haben soll. Ihr Gesicht soll derart entstellt gewesen sein, weshalb sie besonders von Kindern gehänselt und verspottet wurde. Es heißt, die Kinder seien der Frau nachgelaufen und hätten unentwegt „Bloody Mary!“ gerufen. In einer Zeit voller Aberglaube und Angst vor dem Unbekannten wurde sie schnell als eine betrachtet, die mit finsteren Mächten in Verbindung steht. Die Geschichten über Hexen verbreiteten sich rasch, und bald hieß es, Mary sei eine Hexe, die böse Dinge tue. So soll Mary Worth in Salem der Hexerei beschuldigt und ohne gerechtes Verfahren zum Tod durch Erhängen verurteilt worden sein. Andere Quellen geben als Todesurteil Verbrennung an. Abweichende Legenden behaupten, Mary Worth sei durch die Hand eines eifersüchtigen Liebhabers umgekommen, wieder andere geben an, Bloody Mary/Mary Worth könne die Zukunft vorhersagen.
  5. Tja und weil wir so kurz nach Weihnachten sind an diesem Bloody-Mary-Tag, ließe sich auch eine christliche Erklärung anfügen: Maria ist in Bethlehem im Wochenbett.
    Und ja, eine Geburt ist eine blutige Angelegenheit. Und da sind Frauen nach jüdischer, alttestamentarischer Auffassung „unrein“. Und zwar ganze 40 Ta­ge lang (nach Ge­burt eines Soh­nes, nach der Geburt einer Tochter verlängert sich dieses Frist sogar auf 80 Tage). Erst nach Ablauf dieser Frist muss sich eine Frau einem speziellen Rei­nigungs­ritus un­ter­zie­hen, um wie­der in die Ge­mein­de auf­ge­nom­men wer­den zu kön­nen. Eine die­ser pat­riar­cha­len Per­ver­sionen, die das Her­vor­brin­gen des neuen Le­bens als ver­un­ei­ni­gen­den Akt ansieht!
    Und angesichts dessen könnte man sich schon einen hinter die Binde (Achtung: doppeldeutiger Wortwitz) kippen.

Die Spukgestalt im Spiegel

Es gibt auch vor allem in den USA und im Vereinigten Königreich eine Sagen- und Spukgestalt namens Bloody Mary, diese ist vielleicht auf die erwähnte Mary Worth zurückzuführen, die nach ihrer Ermordung auf Rache sinnend herumgeistert.
Sie soll hinter Spiegeln hausen und wird meist als Mädchen oder junge Frau mit langen Haaren und blasser Haut wahrgenommen. Von ihrer Stirn soll aus einer langen Schnittwunde Blut fließen.

Seit Jahrhunderten ranken sich um die Gestalt der „Bloody Mary“ düstere Mythen und gruselige Legenden. Kaum eine urbane Legende hat so viele Menschen in ihren Bann gezogen und es dabei gewagt, uns direkt mit der Dunkelheit in unseren Spiegeln zu konfrontieren. Die Geschichte von Bloody Mary gehört zu den bekanntesten Gruselgeschichten der westlichen Welt und wurde von Generation zu Generation weitererzählt und so Teil der amerikanischen Folklore. Die unruhige Seele von Bloody Mary soll immer noch in den Spiegeln erscheinen und erinnert uns daran, dass Vorurteile und Ungerechtigkeit selbst die friedlichsten Menschen quälen können.
Dahinter steckt auch das Sprichwort „Sich in den Spiegel schauen können“. Was steckt hinter meinem Handeln, aus welcher Motivation heraus habe ich etwas getan und habe ich alles überprüft, was mich schließlich zu einer Tat veranlasst hat? Bloody Mary ist daher eine sehr archaische Frauengestalt, die Dämonin im Spiegel, die uns mit unseren eigenen tiefsten Seelenanteilen konfrontiert.

Besonders bei jungen, pubertierenden Menschen ist es beliebt, als Mutprobe Bloody Mary herbeizurufen. Dazu soll man sich vor einen möglichst großen Spiegel stellen, das Licht ausmachen und nur eine brennende Kerze in den Händen halten und drei Mal (oder dreizehn oder gar 100 Mal) flüsternd, singend oder schreiend Bloody Mary! rufen und dabei konzentriert das eigene Spiegelbild betrachten.
Man kann auch eine Schüssel mit Wasser vor den Spiegel stellen, dabei erscheint Bloody Mary nicht im Spiegel, sondern im Wasser – als eine dunkle Gestalt, die aus den Tiefen hervorkommt –aus den Tiefen der eigenen Seele mit vielleicht wichtigen Botschaften.

Die Menstruation herbeirufen

Da dieses Ritual besonders bei jungen Frauen – oft auch im Freundinnenkreis durchgeführt – beliebt ist, könnte es auch durchaus etwas mit dem Herbeirufen der Menstruation zu tun haben, entweder der Menarche oder der herbeigesehnten Blutung, die die Sicherheit gibt, nicht schwanger zu sein.
Damit sind wir bei den Ur-Sehnsüchten oder Ur-Ängsten von Frauen.
Und da werden gerne wilde Frauengestalten beschworen, die hilfreich zu Seite stehen können.
Das ist auch ein wichtiges Rauhnachtsthema.
Die Blutige Luz als starke Rauhnachtsgestalt ist sozusagen eine Verwandte der Bloody Mary, die Frauen an ihre wilde Kraft der roten, der blutenden Frau, unerbittlich und kraftvoll, selbstbestimmt und unabhängig erinnert.
Hier mehr zur Blutigen Luz

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Bildquellen:
pexels-arina-krasnikova-7376792 / pexels.com
Mary I von Master John / https://de.wikipedia.org/
Spiegel: canva.com
Blutige Luz / artedea.net

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