Sie scheint vom Himmel, bringt uns Licht, Wärme und Fruchtbarkeit und wird in vielen Kulturen als mütterliche Kraft, als Göttin angesehen. So auch in Japan, wo sie heute, am 17. Juli gefeiert wird:
Die große Sonnengöttin Amaterasu, die als aufgehende Sonne auf der japanischen Flagge zu sehen ist und auf die sich auch das japanische Kaisergeschlecht in seiner Abstammung beruft. Ein guter Termin: Spüren wir doch ihre Kraft, von der in Japan gesagt wird, dass sie die Macht hat, Krankheiten zu heilen, Dämonen zu vertreiben und Leben zu spenden, jetzt im Juli ja besonders intensiv. Amaterasu kann aber nicht nur Leben spenden sondern auch zerstören, besonders, wenn sie sich zurückzieht und damit mit ihr auch die Fruchtbarkeit. Dieses Thema ist auch zentral in ihrem Mythos, der mit einem Machtkampf mit ihrem Bruder Susanoo beginnt: Dieser war auf seine strahlende Schwester eifersüchtig und stellte sich gegen ihren Göttervater Izanagi, um ihr den Thron streitig zu machen. Izanagi selbst duldete diesen Verstoß gegen die von ihm geschaffene Ordnung nicht und verbannte seinen Sohn aus dem Land der Gottheiten. Trotzdem versuchte Susanoo seiner Schwester den Thron zu stehlen, obwohl deutlich war, dass Amaterasu mehr Macht besaß, als er selbst. Erzürnt durch diese Tat forderte sie ihren Bruder zu einem Wettstreit heraus. Wer als erstes einen männlichen Gott gebar, der sollte gewinnen. Natürlich gewann Amaterasu diesen Wettstreit, was die Fehde aber nicht beendete, da Susanoo ihren Sieg nicht akzeptierte. In einer anderen Version des Mythos war Amaterasu über die Untaten ihres Bruders Susanoo tief gekränkt. Er hatte den Frauen Gewalt angetan und speziell die Nahrungsgöttin Uke-Mochi-No-Kami getötet.
Tanzen für die Fruchtbarkeit
Amaterasu schließt sich in beiden Versionen der Geschichte schließlich aus Gram in eine Höhle ein, was im Himmel und auf der Erde dazu führte, dass alles in Dunkelheit gehüllt wurde. Damit herrschten Nacht und Winter und Dämonen der Finsternis auf der Erde. Das ganze Land wurde damit unfruchtbar. 800 Gottheiten versuchten sie – erfolglos – aus der Höhle zu locken.
Erst der Göttin Ama No Uzume gelang dies, als sie vor der Höhle einen verrückten, lasziven Tanz aufführte, der die anderen Gottheiten zum Lachen brachte.
Mit pantomimischen und obszönen Gesten, entblößte sie ihre Brüste und Genitalien. Sehr beeindruckend, was diese Göttin mit dem Zeigen ihrer weiblichsten Körperteile bewirkt hat. Diese zur Schau getragenen Attribute der Weiblichkeit stehen in zahlreichen Mythen immer für das Besiegen der Unfruchtbarkeit.
Was sonst als das weibliche „Tor zum Leben” und die Brüste als archaische Nahrungsquelle könnten magische und kräftige Symbole sein, um Dürre und Dunkelheit zu vertreiben.
Dieses Thema findet sich übrigens auch im Mythos der Demeter und der Rolle der Göttin Baubo in einem ganz anderen Kulturkreis wieder. Auch diese bringt durch das Zeigen der weiblichen Genitalien die Fruchtbarkeit der Erde zurück. Nachdem Amaterasu die Gottheiten so schallend lachend hörte, schaute sie neugierig aus der Höhle und sah ihre eigene Reflexion in einem Spiegel, den ihr Ama No Uzume listiger Weise vorgehalten hatte. Fasziniert von diesem Leuchten, das sie nie zuvor gesehen hatte, entschloss sie sich, auf die Erde zurückzukehren und mit ihr kehrte alles Leben wieder.
Großes Fest zu Ehren der Sonnengöttin
Diese Freude über die Wiederkehr der Sonnengöttin, wie es der Jahrtausende alte Mythos erzählt, wird nach wie vor in Japan gefeiert. Am 17. Juli gibt es im ganzen Land ein großes Fest mit vielen Straßenprozessionen. Die religiösen Veranstaltungen dauern den ganzen Monat Juli über an – im Rahmen des Gion Matsuri -Festes. So werden die Straßen an den 3 Abenden des 14. (Yoiyoiyoiyama), 15. (Yoiyoiyama) und 16. Juli (Yoiyama) wunderschön beleuchtet.
Sonnengöttinnen gibt es übrigens in den verschiedenen Kulturen rund um die Erde mehr, als man vermuten könnte. Werden Göttinnen ja eher mit dem Mond in Verbindung gebracht.
Neben der japanischen Amatersu sind das u.a. auch die baltische Saule, die irisch-keltische Grian, die buddhistische Marici, die hinduistische Surya, die taiwanesische Quadav, die keltische Sul oder die finnische Päivätär.
Alle zeugen von der starken Kraft, die einer Göttin und damit auch den Frauen zugeschrieben wird.
Eine gute Gelegenheit heute also zu einem ganz persönlichen Sonnengebet …
Mehr Infos zu allen erwähnten Göttinnen: auf artedea
Sehr schön, aber warum die nordische Sól oder die althochdeutsche Sunna bei den Sonnengöttinnen nicht erwähnt werden, finde ich etwas schade.
Herzlichen Dank Andrea!
Liebe Monica, ja. Andreas“(…) das weibliche „Tor zum Leben”“ die Vulva, das Gehgutmerkmal, ist bei Sheela-na-gig das „Tor zum Leben in der Anderswelt“.
Nicht vergessen: 553 u.Z. wurde im ökumenischen (die ganze Erde betreffenden = männlicher Größenwahn) Konzil zu Konstantinopel die Wiedergeburt – damit der Kreislauf des Lebens/der Leben – „abgeschafft“. Findet trotzdem statt 😉 !
Grossartig geschrieben, danke!
Wie jedesmal ein großes Danke für Deine Beiträge! Würde in diesem Zusammenhang – dem Zeigen weiblicher Geschlechtsmerkmale – auch die Sheela na Gig als eine Fruchtbarkeitsgöttin bestätigen?
Hat dies auf Schwesternschaft der Rose rebloggt.
danke dafür!