Der Sommer ist auf seinem Höhepunkt. Es ist von allem genug da – Getreide, Gemüse, Obst. Wir erleben die Natur in ihrer ganzen Fülle und gleichzeitig beginnt der Tod. Die Pflanzen werden geschnitten und gepflückt, um uns das Weiterleben zu ermöglichen, der Sommer geht vorüber. Hier mischt sich Freude über die Fülle mit Wehmut und Abschiednehmen. Das sind die Aspekte, die Anfang August beim Schnitterinfest, auch Lammas oder Lughnasad genannt, geehrt und gefeiert werden. Die Schnitterin zeigt sich uns Gestalt jener Göttin, die den Kreislauf des Lebens erhält, indem sie erntet, was sich in voller Pracht und Vielfalt entfaltet. Sie setzt mit ihrem Tun aber auch eine – oft sehr radikale – Zäsur. Sie folgt damit dem zyklischen Lebensprinzip des „Sterbens und Werdens“. Auch wenn es brutal anmutet: Wir müssen töten, um selber leben zu können, Nahrung zu haben. Kleine Anmerkung für VegetarierInnen: auch Pflanzen sind Lebewesen! Auch Tiere fressen einander und Pflanzen saugen Mineralstoffe aus der Erde: kein Wesen kommt ohne „Töten“, ohne diese beschneidende Kraft aus! Außer den Menschen tötet allerdings kein Wesen dieser Erde, um den eigenen Reichtum zu vergrößern.
Das Schnitterin-Fest Anfang August erinnert uns an den Ausgleich von Geben und Nehmen, und dass wir Menschen ein Bestandteil in diesem Gefüge sind. Am besten erspüren und erfahren wir diese Qualität in der Natur, am Land im agrarischen Umfeld: Heute noch ist da ein wogendes goldgelbes Getreidefeld, wir haben noch den warmen, schweren Duft von reifem Weizen in der Nase. Und dann ist sie plötzlich da, die „Göttin mit der Sichel“ und wir finden uns auf einem niedergemähten, von der Sonne versengtem Feld wieder. Der Übergang erscheint uns hart und plötzlich. Mitten in der Fülle taucht die Zerstörung auf, die auch jede Ernte mit sich bringt, und die Göttin macht uns aufmerksam, dass die dunkle Jahreszeit näher kommt.
Sie schneidet im übertragenen Sinne alles: Nicht nur das Korn, auch Erwartungen, Gefühle, Beziehungen, Lebensumstände, in denen wir es uns gemütlich gemacht haben – Alles!
Genauso wie die Ernte für die Bäuerinnen und Bauern nicht unerwartet kommt, brechen auch viele Zäsuren in unserem Leben nicht unerwartet und plötzlich über uns herein. Wir erkennen allerdings oft nicht die Zeichen, wollen uns nicht damit auseinandersetzen, was in unserem Leben schon längst überreif, ja sogar faulig ist, wo es einen klaren Schnitt braucht. Die Schnitterin-Qualität dieser Zeit kann uns dabei unterstützen, sich dieser persönlichen „Ernte“ bzw. den notwendigen Maßnahmen des Be- und Abschneidens zu widmen. Jetzt ist energetisch eine gute Zeit, sich von all jenem zu trennen, was wir nicht mehr benötigen und uns damit in die Qualität der alten Göttin mit ihrer Sichel zu begeben: Um alte Glaubenssätze, Gefühle oder nicht mehr aktuelle Ideen „abzuschneiden“, um uns von Lebensumständen zu lösen, die für uns nicht mehr förderlich sind oder von Lebensräumen, denen wir entwachsen sind, in denen wir uns nicht mehr wohl fühlen … Es ist gut, hinzuspüren, wie das am besten zu geschehen hat: Radikal oder behutsam, mit kleinen Schnitten oder mit einem großflächigem Kahlschlag.
Hilfreich sind dabei folgende Überlegungen:
- Was will ich leben, was soll gedeihen indem ich etwas anderes „opfere“, beschneide?
- Was kann/muss ich abschneiden – damit ich Luft zum Atmen bekomme?
- Wie ist dann dieser „losgelöste Zustand“ nach dem Schnitt? Fühle ich mich bei dem Gedanken an diesen unbeschwert und frei oder unsicher und bedroht? Was braucht es, um weiterhin geschützt und sicher zu sein?
- Wie muss ich den richtigen Schnitt ansetzen, damit die Pflanze, bzw. im übertragenen Sinne mein Projekt, mein Vorhaben wieder Früchte tragen kann?
- Wann ist der richtige Zeitpunkt, um meine Ernte einzubringen?
- Ist das, was ich „schneide“, dafür schon reif genug? Oder hab ich den richtigen Schnitt sogar schon verabsäumt und es ist bereits überreif oder verdorrt?
Im eigenen Leben einen Schnitt zu führen ist nicht immer einfach. Oft erfordert es Überwindung und manchmal wirklich Mut. Die Kraft der Schnitterin unterstützt in dieser Zeit, einen solch schwierigen Schnitt zu tun.
Freudige, nährende, Fruchtbarkeit bringende
Ernte- und Schnitterinnen-Feste wünsch ich euch allen!
*******************************************************************
Viel, viel mehr zur Qualität dieses Monats August gibt es im artedea-E-Book Lammas / Lughnasad / Schnitterin – “Das Fest der Fülle und der Ernte”: Dieses 37-seitige E-Book erzählt von Bräuchen, Mythen und der Magie der August-Göttinnen, es gibt Anregungen für ein lust- und kraftvolles Hochsommer-Ritual und beantwortet u.a. folgende Fragen:
- Wie kannst du den Sommer einfangen?
- Warum solltest du dich gerade jetzt mit deiner Katze beratschlagen und feiern?
- Wie kannst du die Fülle locken?
- Was geschieht in den 30 Tagen zwischen dem Großen und dem Kleinen Frauentag?
- Warum ist die christliche Muttergöttin Maria so stark mit Kräutern verbunden?
- Warum mit Kräuterbuschen heimlich auch tote Kröten mitgeweiht wurden?
- Woran du erkennst welche Energie für dich heuer im Vordergrund steht – Trennen oder Ernten?
Und es gibt zahlreiche Anregungen für ein lust- und kraftvolles Hochsommer-Ritual, wie das Feiern auf Feenhügeln, das Einfangen des Sommers, ein Übergangsritual in die Weise Frau, das Feiern mit deiner Katze oder das Locken der Fülle.
Weitere Infos und Bestellungen: HIER
Pingback: Pago a la Pachamama | Oh Göttin