Jetzt ist ja Hochkonjunktur für „gute Vorsätze“. Warum gerade jetzt?
Natürlich hat das was mit der Jahreswende zu tun. Der Übergang vom 31. Dezember auf den 1. Januar erscheint vielen als bedeutsam. Diese Schwellen – auch wenn sie noch so künstliche Konstrukte sind – erscheinen uns wirkungsvoll und bestens geeignet, um unserem Leben eine gewünschte Wendung zu geben.
Aber es ist auch die Qualität dieser Zeit, die uns dazu auffordert, über unsere Gewohnheiten nachzudenken. Und damit meine ich jetzt nicht einmal das alte Wissen um die Rauhnächte sondern ganz profan all das, was sehr viele von uns gerade hinter sich gebracht haben: Zuerst der Stress im Dezember, Geschenke besorgen, im Job vieles noch zu Ende zu bringen, all die Weihnachts-Vorbereitungen, das Haus auf Hochglanz bringen, bevor die Verwandten kommen, backen, kochen, Baum schmücken …
Dann Familienbesuche hin und her, begleitet von üppigem Essen und einer Megaportion an Weihnachtskeksen und Alkohol.
Und pfuhh – jetzt sind wir am 27. Dezember gelandet. Für viele der erste Tag, an dem sie das erste Mal seit langem durchatmen können. Einfach nur am Sofa liegen oder raus an die frische Luft und einen Winterspaziergang machen, sofern wir uns diesen Tag vom Job freigenommen haben. Eine gute Freundin von mir liebt es, an den Tagen zwischen Weihnachten und Silvester ins Büro zu gehen, sie sagt: „Ich sitze einfach ganz alleine da und halte die Stellung. Alles ist so wunderbar still. Niemand will was von mir – weit weg von der Familie, keine Kollegen sind da. Ich komme in Ruhe zu all dem, was im Laufe des Jahres liegen geblieben ist und manchmal schaue ich einfach nur vor mich hin.“ Entspannung pur.
Egal wie dieser 27. Dezember gestaltet wird, viele sind übersatt – vom Stress, vom Schlemmen, von sozialen Kontakten. Und das ist natürlich der beste Nährboden für all die Ideen, was wir anders oder besser machen könnten im Neuen Jahr.
Die „Magie“ des Scheiterns
Warum scheitern dann so viele dieser guten und wirklich auch Ernst gemeinten Vorsätze?
Viele Gründe: Wir haben sie nicht klar genug formuliert, es fehlt uns im Alltag dann doch an Ausdauer und Selbstdisziplin. Oft haben wir einfach keine Idee, wie wir das, was wir uns vornehmen, auch umsetzen können oder es fehlen uns die entsprechenden Zeitressourcen.
Ganz oft wird im Vorsatz das hinein verpackt, von dem wir uns lösen wollen. Und da spielt unser Gehirn und dann einen Streich: Wenn wir mit dem Rauchen aufhören wollen, haben wir ständig das Wort „Rauchen“ im Kopf und damit das Verlangen nach einer Zigarette.
Denn immer, wenn wir an einen Vorsatz denken, aktiviert unser Gehirn unbewusst und automatisch auch alle damit verbundenen schlechten Gewohnheiten.
Jetzt kommt doch die Qualität der Rauhnächte ins Spiel, jener Zeit von der es heißt, dass sie außerhalb der Gesetzmäßigkeiten steht, die sonst das ganze Jahr über gelten und in der die Schleier zu anderen Welten (auch zu anderen Welten in unserem Unterbewusstsein) durchlässiger sein sollen als sonst.
Welchen Faden nimmst du auf?
In den alten Mythen heißt es, dass in den „Tagen zwischen den Jahren“ Frau Holle auf die Erde kommt, um nachzusehen, was wir gesponnen haben.
Anstatt uns auf alles zu konzentrieren, was uns nicht passt, was wir ändern, los werden wollen, sollten wir Frau Holle ein wenig helfen und das „Gesponnene“ hervorholen, um es ihr zu präsentieren und es uns damit auch noch einmal selbst ganz bewusst zu machen:
Was habe ich geschafft, welche Erfolge kann ich verbuchen, was ist mir gut gelungen? Das sind meist Dinge, die nicht mit den Neujahrs-Vorsätzen vom letzten Jahr belastet sind.
Wie war die zündende Idee, die Maßnahmen, der Weg zu den Erfolgen? Wie habe ich es angestellt, um all das zu kreieren und umzusetzen, worauf ich mit Freude und Stolz zurückblicke?
Was habe ich in das Gespinst meines Lebens eingewoben?
Was davon kann ich mitnehmen ins Neue Jahr? Wovon kann ich noch mehr machen? Welchen Faden nehme ich wieder auf?
Was wirfst du zurück in den Kessel?
In der Mythologie finden sich auch die alten „Kessel-Göttinnen“, wie Cerridwen. Diese rühren ständig im Kessel aller Möglichkeiten, schöpfen daraus und gestaltet aus den darin befindlichen Ingredienzien die Welt ständig neu.
Jetzt in den Rauhnächten ist die Zeit, um rituell, alles, was unaktuell, unbrauchbar, lästig, ungesund, unerwünscht ist, wieder in den „großen Kessel“ zurückzugeben.
Mit dem Vertrauen, dass die Kessel-Göttin es mit dem großen Brei, der „Ursuppe“ vermengt, köcheln lässt und auf diese Weise transformiert. Denn es gibt nichts, was es in diesem Kessel nicht gibt und die Göttin unterscheidet nicht zwischen gut und schlecht. Alles wird gebraucht – irgendwo, irgendwann.
Gut ist es, daraus wirklich ein Kessel-Ritual zu machen: Nimm einen siedenden Topf, schreibe alles, das du zurückgeben willst auf kleine Zettel und dann hinein damit in den Topf. Rühre um und schaue dabei zu, wie sich alles auflöst, wie die Schrift auf dem Papier zerfließt, wie das Papier zerkocht wird. Dann den Sud an einer schönen Stelle der Erde übergeben, die die Transformation fortsetzt. Die übrig gebliebenen Papierfetzen nimmt die „Wilde Jagd“ mit, die jetzt in den Rauhnächten über die Erde fegt und bringt sie an einen geheimen Ort, wo die Wünsche bearbeitet werden.
Diese beiden Methoden – das Gesponnene hervorholen und den ganzen Rest in den großen Kessel werfen, sind viel effizienter als all die guten Vorsätze.
Dann tief durchatmen, in dich hineinspüren und deinen größten Herzenswunsch formulieren und hinaus in die Welt rufen!
Damit ist viel getan und wir können loslassen und einfach diese Zeit zwischen den Jahren genießen. Alles wird sich entwickeln und beizeiten können wir überprüfen, was sich formen will und wie wir es dabei unterstützen können.
Und: Immer schön geschmeidig bleiben! Auch wenn das Ergebnis anders aussieht, als wir es uns vorgestellt haben: Der Kern unseres Wunsches wird darin enthalten sein!
Mehr Informationen zu den erwähnten Göttinnen:
Cerridwen
Holla
Mokosch