Khaos – die Göttin des Urknalls

Ich beginne ganz am Anfang, um Ur-Anfang sozusagen mit meiner kleinen Reihe der Göttinnen, die ich vor Kurzem gemalt habe.
Ich beginne beim Chaos. Und ja, das ist eine Göttin!
Wie es scheint, haben sich die Menschen schon immer Gedanken darüber gemacht, woher das alles, was sie sehen und wahrnehmen, kommt: Die Erde, der Himmel, die Sterne, das ganze Universum und auch alles, was es auf der Erde gibt – Pflanzen, Tiere und uns Menschen. Wie ist all das entstanden, welche Kraft und Macht könnte da dahinter stecken?

Und diese Schöpfungskraft wurde sehr oft als weiblich wahrgenommen. Das erscheint nur allzu logisch, denn die Menschen haben sich immer daraus einen Reim gemacht, was sie in ihrem Leben, ihrem Alltag erlebten. Und da war es nun mal immer schon so, dass alles aus dem Weiblichen kommt, von Frauen und weiblichen Tieren geboren wurde. Warum soll es beim Universum also anders sein?
Kleine Anmerkung gleich an dieser Stelle: Dazu gibt es ein recht neues eBook von mir:
„Das Mysterium der Schöpfungskraft oder: Wie Göttinnen die Welt erschufen“.
Es erzählt von den vielfältigsten Mythen der Ursprungs- und Schöpfungsgöttinnen und den Vorstellungen der Menschen, wie sie es angestellt haben könnten, die Welt, die Erde, das Universum zu gebären, zu kreieren, auszuatmen, zu erspinnen u.s.w.

Der Luftwirbelwind aus dem gewaltigen kosmischen Ei

Im Fall der griechischen Göttin Khaos schien alles aus dem Luftwirbelwind der Göttin entstanden zu sein. Im Innersten ihres Bauchraumes hat sie ein gewaltiges kosmisches Ei geformt und ausgebrütet. Sie ist also die Ur-Gebärmutter.
Doch zuerst war da nur Chaos, der Urzustand, aus dem alles entstanden ist.
Der griechische Dichter Hesiod (ca. 700 v.u.Z.) beschrieb es in seinem Werk „Theogonie“  so: „Wahrlich, zuerst entstand das Chaos und später die Erde…“ (Vers 116).

Man glaubte also, dass die Göttin Khaos das allererste Wesen war – lang bevor alles andere da war. Diese Auffassung gab es nicht nur im antiken Griechenland. In vielen alten Kulturen gab es weibliche Figuren, die lang bevor alles andere da war, in der Leere bzw. im Chaos schwebten und träumten, wie z.B. Grandmother Spiderwoman bei den indigenen Völker Nordamerikas oder Kunapipi bei den Aborigines Australiens.

Khaos hatte also dieses gewaltige Ei in sich, das heranreifte, während sie da noch – wahrscheinlich gestaltlos – durch den nicht vorhandenen zeitlosen Raum schwebte.

Wie male ich eine gestaltlose Göttin?

So, und jetzt nehme ich ein wenig mit zum Schöpfungsprozess meiner Bilder:
Wie male ich eine gestaltlose Göttin in einem dunklen oder eigentlich noch gar nicht vorhandenem Raum? Ich überlegte, starrte die weiße Leinwand an, bemalte sie ganz schwarz und schlief eine Nacht darüber.
Am nächsten Morgen bei Sonnenaufgang war es mir klar: Ich male die Göttin Khaos in dem Moment, in dem das Ei explodiert. Als sich dieser orkanartige Wirbelwind aus ihm entleerte und alles Materie annahm. In diesem Moment hat sie sich wohl auch selbst erschaffen, sich ein wenig Materie verliehen, die Göttin Khaos. Und nun konnte sie auf der Leinwand auch sichtbar werden.

Sie schwebt spielerisch leicht und ist doch so kraftvoll. Mit einem gewaltigen Knall soll dieses Ei explodiert sein und damit wurde das Universum „geboren“. So erzählt es uns der alte griechische Mythos.
Und erstaunlich: Das erinnert sehr an an die moderne Urknall-Theorie. Diese besagt, dass alles vor etwa 14 Milliarden Jahren begann. Zu diesem Zeitpunkt war das Universum unendlich klein und unendlich heiß.
Dann explodierte die komprimierte Energie innerhalb von Sekundenbruchteilen und dehnte sich in unendlicher Geschwindigkeit aus.
Also etwas enorm Kleines, das das ganze Potential schon in sich trägt. So klein, wie eine Eizelle in einem Frauenkörper, aus der ein Mensch entstehen kann. So war die Vorstellung in der antiken griechischen Welt. Und so stellt sich die Wissenschaft – in übertragenem Sinn – immer noch den Beginn der Entstehung des Universums vor.

Vielleicht wird die Theorie des Urknalls im Laufe der Zeit – wenn es neuere Erkenntnisse gibt – noch abgeändert. Bisher stellt dies aber das Standardmodell der Forschung dar. Was aber hinter all den Entwicklungsszenarien und Modellen steht, bleibt wohl ein Geheimnis, dem sich die Menschen nur philosophisch nähern können. Letzten Endes weiß bis heute niemand, warum das Universum zu existieren begann, was vor diesem Beginn war, ob es ein Ende geben und was nach diesem Ende sein wird. Bei diesen Fragen wird auch Wissenschaft zu bloßer Spekulation und endet in Glaubenslehren.
Und damit sind wir wieder bei der bei der alten griechischen Theorie rund um die Göttin Khaos.

Der klaffende Raum, die gähnende Leere

Diese hat aber noch einen anderen, ganz spannenden Aspekt:
Alltagssprachlich verwenden wir das Wort Chaos ja zumeist für einen Zustand vollständiger Unordnung oder Verwirrung, also für etwas, dem die Strukur fehlt.
In der antiken Mythologie und Philosophie verstand man „Chaos“ als Gegenbegriff zu Kosmos, dem griechischen Begriff für die (Welt-)Ordnung oder das geordnete Universum.
Etymologisch hängt das Wort mit dem griechischen Verb χαίνειν chaínein, zu deutsch „klaffen, gähnen“ zusammen, bedeutet also ursprünglich etwa „klaffender Raum“, „gähnende Leere“ oder auch Spalt oder Kluft.

Und tatsächlich: Neben dem ursprünglichen „Chaos“ repräsentiert die Göttin Khaos immer noch die dunstige „leere“ Luft zwischen der Erde und dem Himmel, bzw. jenen Teil der Atmosphäre, die dicht um die Erde herum ist. So umschließt, ja umarmt sie ständig ihre Tochter Gaia.
Diese Atmosphäre, ohne die wir nicht leben könnten auf dieser unserer Erde, ist also auch Khaos.

Was will sie uns also zuflüstern? Darüber habe ich lange nachgesonnen, als ich in Griechenland nachts unter dem Sternenhimmel gesessen bin und hinauf ins Universum geschaut habe.
Natürlich kam mir das Nietzsche-Zitat in den Sinn: „Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können.“

Einige meiner Gedanken dazu:

  • Ehre ich mein Chaos ausreichend genug?
  • Ist es tatsächlich so, dass jegliche Kreativität und Neuschöpfung aus einem Zustand eines inneren Chaos, einer Auflösung bekannter Formen und Strukturen entsteht?
  • Soll ich mehr darauf achten, was in ganz Kleinem in mir brodelt und bereit ist, irgendwann als Urknall zu explodieren?
  • Wie ist die Atmosphäre um mich herum, sozusagen meine Khaos-Göttin, hab ich genug Raum und Luft zum Atmen?

Wie geht’s euch mit dieser Göttin und dem Chaos, für das sie steht?

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Mehr Informationen zu den erwähnten Göttinnen:

Gaia
Grandmother Spiderwoman
Khaos
Kunapipi

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