Also gleich einmal vorweg: Meine Beschäftigung mit Göttinnen entspringt aus einem tiefen feministischen Impuls. Es ist wichtig, dass das weibliche Prinzip endlich, endlich, endlich wieder in das allgemeine Wissen eingeht, in unsere Kultur, die so sehr von den männlich-patriarchalen Religionen geprägt ist. Und die Auswirkungen spüren wir ständig — im Privaten, wie in allem, was da so von der großen weiten Welt in unser Leben getragen wird.
Alle drei monotheistischen Religionen wurzeln in einer Hirtennomaden-Ideologie – und das könnten wir in unserer Zeit als echt schon mehr als überholt betrachten. Mehr dazu im sehr aufschlussreichen Buch von Kirsten Armbruster: Gott die MUTTER: Eine Streitschrift wider den patriarchalen Monotheismus
Das Koordinatensystem des Patriarchats
Deswegen äußere ich mich auch zu „politischen Themen“, was in den letzten zwei Tagen einige verwundert hat. Ich solle doch lieber bei meiner Göttinnen-Arbeit bleiben. Ja bleib ich ohnehin.
Ich kann auch nur mehr den Kopf schütteln, welche Zuschreibungen ich in den letzten zwei Tagen auf Facebook bekommen habe. Die Bandbreite reicht von frauenfeindlich bis ausländerfeindlich.
Ich möchte an dieser Stelle auch meine Freude und Erleichterung darüber zum Ausdruck bringen, dass ich mich von der überwiegenden Mehrheit verstanden und bestärkt gefühlt habe!
Die wilde — sehr gegensätzliche — Diskussion auf Facebook zu meinen Posts zeigt aber mehr als deutlich, wie komplex das ganze Thema ist, wieviele Missverständnisse, Ängste, Verallgemeinerungen es hier gibt. Und wie sehr wir uns alle immer noch im Koordinatensystem des Patriarchats bewegen.
Umso mehr ist die Aufmerksamkeit auf matriarchale Strukturen, auf die weibliche Kraft zu richten, wie sie durch Göttinnen aus allen Kulturkreisen symbolisiert wird.
Der Name der Mondgöttin
Ein kleines Detail in der umfangreichen Diskussion möchte ich herausgreifen. Es geht um das Wörtchen „man“. Da wird auf Facebook die Frage gestellt: Ist es nicht unfeministisch „man“ statt „frau“ zu schreiben.
NEIN, ist es nicht.
Warum?
Die Silbe „ma“ ist die urweiblichste Silbe, die es überhaupt gibt. Nicht von ungefähr wird „Ma“ bzw. „Mama“ — die ersten Silben, die ein Kind sprechen kann — in nahezu allen Sprachen als Wort für „Mutter“, also weitergehend das weibliche gebärende und nährende Prinzip verstanden.
Im ursprünglichen Altnordischen bedeutete „man“ Frau. Das Wort für Mann war nicht „man“ sondern „wer“, aus der Sanskritwurzel vir, wie in wer-wulf, dem Wolfsmann. Die Sanskrit-Wurzel „man“ bedeutet einerseits „Mond“ und „Weisheit“, und dies waren die beiden wichtigsten Attribute der Großen Göttin.
„man“ — die Schöpferin aller Wesen
Andererseits wird damit auch das Blut aus der Gebärmutter bezeichnet, welches das Ungeborene ernährt, was als der Atem oder das Brot des Lebens angesehen wurde.
Bei den skandinavischen und anderen Stämmen Europas wurde mit „man“ der Mond, die Schöpferin aller Wesen, die „Große Mutter“ und Mondgöttin bezeichnet.
Die englische Isle of Man war früher der Mondgöttin Man geweiht.
Etymologisch leitet sich „Mond“ vom indoeuropäischen manas, mana oder men ab, was „das weise, vom Mond regierte Blut der Großen Mutter“ bedeutet und treffender Weise auch Worten wie Mutter, Mensch und Menstruation zugrunde liegt.
Göttin und Mond, Frau und Mutter kommen in sehr vielen Sprachen also aus demselben Stamm.
Es gibt in nahezu allen Kulturen ein Wort wie man, men oder mana, das immer weibliche Kraft, Mond-Geist, Magie, übernatürliche Kräfte und Göttin bedeutet: Im Europa des Altertums war Mana die Mondmutter, die das Geschlecht der Menschen hervorbrachte. Mana oder Mania war ein gebräuchlicher Name für die Große Göttin in ihrer Gestalt als Schöpferin und Himmelskönigin, denn sie war wie der Mond selbst mit den geheimnisvollen Kräften der Frauen verbunden.
Die AraberInnen nennen die Mondgöttin Manat. Im Rom der Kaiserzeit war Man oder Mana die Mutter aller „manes“ oder Ahnengeister. In Polynesien bedeutet „man“ Lebensenergie, Integrität, Unangreifbarkeit, Charisma. Die heidnischen SkaldInnen dichteten Liebesliedern, die dem weiblichen Prinzip des Mondes und seiner irdischen Inkarnation, der Frau, geweiht waren – dies waren die mansongr, die „Frauenlieder“.
Von den Katholen verboten
Die katholische Kirche verbot die Göttin Man oder Mania ausdrücklich. Nicht von ungefähr hört sich aber Maria sehr ähnlich an. Die christliche Gottesmutter wird auch immer wieder auf der Mondsichel als „Himmelskönigin“ dargestellt.
„Amen“ bedeutete übrigens ursprünglich der „Mond der Wiedergeburt“!
Deswegen ist die Verwendung von „man“ ein feministischer Ausdruck! Ein kleines Detail vielleicht, aber wichtig, um uns die ursprüngliche Kraft zurückzuholen.
In der Wurzel und der eigentlichen Bedeutung geht es dabei nämlich nicht um irgendeine männliche Silbe, die ein „N“ zu wenig hat, sondern um die kraftvolle, weibliche Ursilbe.
Ich finde, wir sollten uns diese in unserem Sprachgebrauch zurückholen, wie so vieles Weiblich-Kraftvolle, das ungerechtfertigter Weise maskulinisiert wurde.
Und die Göttin Man zwinkert Frauen immer zu, wenn sie Wort „man” — ihren Namen — verwenden.
Mehr zu den erwähnten Göttinnen:
Man
Manat
Maria
hah nun weiß ich auch warum ich man nie als so schwierig empfunden hab und es eher komisch fand es nicht zu nutzen 😀 wieder ein super interessanter Artikel, vielen Dank
Hehe, 1998 hab ich ein Liedchen geschrieben, das geht so:
flammen flackern
schiffe ziehn
das blut der welt
rauscht werweisswohin
maan
geht übers land
schau sie an ~ schaut uns an
hallo maan!
Wusste nicht genau, wer oder was „maan“ sein soll. Es fühlte sich so stimmig an. 🙂 (Wahrscheinlich hatte ich was gelesen – hab zu der Zeit sehtr viel feministische Sprit-Maggi Literatur gelesen)
Vielen Dank für die Erhellung!