Olympische Spiele – ein Göttinnen-Festival?

Jetzt stehen wir wieder ganz im Bann der Olympischen Spiele. Und spannend:
54 Prozent der AthletInnen sind in Paris heuer Frauen.
1896 waren in Athen bei den ersten Spielen der Neuzeit die Männer noch ganz unter sich gewesen. Vier Jahre später durften Frauen erstmals bei den Spielen antreten. 84 Jahre später lag der Frauenanteil allerdings immer noch bei gerade mal 23 Prozent. Obwohl dieser kontinuierlich gestiegen ist, dauerte es 124 Jahre bis zu einem ausgeglichenen Geschlechterverhältnis.
Dabei haben die Olympischen Spiele durchaus weibliche Wurzeln:
Mit bloßen Brüsten und wehenden Haaren liefen sie einst über die Felder –die antiken Sportlerinnen der „Heraia“, das Fest, das als Vorläufer der Olympischen Spiele gilt.

Die universalen Wandlungs-Zyklen des Jahreskreises widergespiegelt

Alle vier Jahre kamen Frauen auf einem Feld bei Heras Stadt Argos zu diesen „Heraia“ zusammen. Dieses Fest wurde vom 6. Jahrhundert v.u.Z. bis in die römische Kaiserzeit in mehreren griechischen Städten abgehalten.

Am bekanntesten waren die Heraia in Argos, dem wichtigsten Kultzentrum der Hera, wo sie zugleich Stadtgöttin war und die Jahre nach dem Namen ihrer Priesterinnen benannt wurden.
Die Göttinnen-Spiele waren aber mehr als ein bloßer Wettlauf. Am Programm standen auch Aufführungen von Musik und Drama, die im städtischen Theater stattfanden.
Nach den Musen, den Göttinnen der Künste (z. B. Musik, Literatur, Drama) nannte man diese „musische Wettkämpfe“. 

Höhepunkt der Feiern war ein Lauf über 160 m. Dieser führte über abgeerntete Felder und spiegelte somit die universalen Wandlungs-Zyklen des Jahreskreises wider.
Dies kannte man in manchen Gegenden Westeuropas noch im vergangenen Jahrhundert als „Stoppelläufe“ oder „Schäferinnenläufe“.

Zur Ehrung der drei Lebensphasen der Göttin

Diese Heraia waren Teil eines größeren Göttinnendienstes und wurden von 16 Frauen ausgerichtet.
Es gab bei der Heraia drei Altersklassen und drei Gewinnerinnen.
Damit sollten die drei Lebensphasen der Göttin geehrt werden, die sie wie sterbliche Frauen auch durchschreitet: Jugend, Reife und Alter. Hera als Erd-, Natur- und Vegetationsgöttin zeigt uns das deutlich in den Zyklen der Jahreszeiten.
Die drei Gewinnerinnen, ein junges Mädchen, eine reife und eine alte Frau, durften eine Statuette von sich in Heras Schrein aufstellen lassen und jede erhielt eine Krone aus Olivenzweigen.

Jeweils in den Jahren zwischen diesen Heraia wurden später die großen Olympischen Spielen etabliert, bei denen nur Männer teilnahmen.
Die Heraia fanden am Schwarzmond zu Beginn des Monats Parthenios statt, also in einer matriarchalen Konstellation der Festzeit von Nacht und Schwarzmond, im Gegensatz zu den späteren patriarchalen Spielen, für die Tag und Vollmond maßgebend waren.

Jeweils im Jahr vor bzw. nach den Olympischen Spielen wurden im antiken Griechenland Wettkämpfe im Heiligtum der Göttin Nemea ausgetragen. Das Programm umfasste folgende Disziplinen: Stadionlauf (Stadionlänge 180 m), Boxen, Bogenschießen, Ringen, Diskuswerfen, Speerwerfen und Wagenrennen.

Das olympische Feuer der Hestia

Die olympische Fackel, die immer noch weitergegeben wird und feierlich am Beginn der Spiele entzündet wird, ist die ewige Flamme der Göttin Hestia. Sie ist die Göttin des gehüteten, nährenden Feuers, das in der Mitte jedes Heims die wärmende und nährende Quelle ist und damit auch das Zentrum aller Gemeinschaften verkörpert.
Hestia symbolisiert das ruhige und friedvolle Element des Olymps und daran soll das olympischen Feuer erinnern.
Die Spiele zu Ehren der Hera mit Hestias Flamme sollten alle vier Jahre den heillos zerstrittenen griechischen Volksstämmen das Gefühl der Gemeinsamkeit in Erinnerung rufen.
Denn während der Spiele herrschte Waffenstillstand.
Wie schön wäre es, wenn diese Tradition wieder aufgenommen werden würde und weltweit für die Dauer dieser Spiele absoluter Waffenstillstand herrschen würde?

 

Mehr Infos zu den erwähnten Göttinnen:
Hera
Hestia
Musen
Nemea

 

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