Thesmophorien – das Mysterien-Fest der Demeter

demeter1Im antiken Griechenland wurden dieser Tage die Thesmophorien gefeiert – ein Mysterien-Fest, das in Athen und vielen anderen Orten Griechenlands am 11., 12. und 13. Tag des Monats Pyanopsion (Oktober/November) nach Bestellung der Wintersaat angesetzt war.
Den Mittelpunkt dieser Festtage bildete die Göttin Demeter. Und zwar nicht so in ihrer Funktion als Vegetations- und Fruchtbarkeitsgöttin, das Fest wurde viel mehr zu Ehren der Demeter Thesmophoros, d. h. der gesetzgebenden Demeter gefeiert.
Das griechische Wort „ thesmophóros“ bedeutet „gesetzgebend“.

Der Rückzug in die Unterwelt

Ursprünglich waren die Thesmophorien ein Fest, welches auf Ackerbau und damit die agrarischen Zyklen Bezug nahm. Der Oktober ist jener Monat, in dem sich die Pflanzen und damit die Fruchtbakeit der Erde in die „Unterwelt“ zurückzieht. Das gleicht dem vereinbarten Rückzug der Persephone, der Tochter der Demeter in die Unterwelt.
Dies hat seine Ursprünge in der mythologischen Geschichte von Demeter und Persephone, die als Mädchen Kore genannt wurde.
persephone1Diese Kore wurde von ihrem Onkel Hades in die Unterwelt entführt. Demeter war über alle Maßen über den Verlust ihrer Tochter erschüttert. In ihrer Trauer und in tiefem Schmerz zog sie ihre Lebenskraft von der gesamten Vegetation zurück. Damit verwandelte sie die grüne reifen Erde erstmals in ihre goldgelbe herbstliche Erscheinungsform bis schließlich der Winter seine kalte Decke über das Land zog.
In ihrer verzweifelten Sehnsucht nach ihrer geliebten Tochter verfluchte Demeter das gesamte Wachstum und alles, was fruchtbar auf der Erde ist. Damit legte sich großes Leid über die Welt. Kein Kind wurde mehr geboren, keine Knospe öffnete sich mehr, das Getreide gedieh nicht mehr. Der Tod erstreckte sich über das ganze Land.

baubo1Schließlich gelang es Demeter mit Hilfe der Göttin Baubo die entschwundene Tochter wieder zu finden. Sie traten in Verhandlungen mit Hades, der schließlich einwilligte, das Mädchen herauszugeben. Er benutzte allerdings einen Trick, um sie doch für sich zu behalten: Er gab ihr, bevor sie zu Demeter zurück kehrte, einen Granatapfel zu essen. Niemand konnte nämlich zu den Lebenden zurückkehren und dabei etwas aus der Unterwelt mitnehmen. Demeters Tochter, die in ihrem Unterweltsaspekt nicht mehr Kore sondern Persephone genannt wird, aß sechs Kerne dieses Apfels, die sie noch im Bauch hatte. Man verhandelte daher, ob diese Kerne dafür stehen, dass Persephone etwas aus der Unterwelt in die Welt der Lebenden mitnimmt und einigte sich darauf:
Persephone muss immer wieder zu Hades zurückkehren, darf aber sechs Monate des Jahres als Kore bei ihrer Mutter leben, dann ist Frühling und Sommer auf Erden. Die anderen sechs Monate (im Herbst und im Winter) muss sie als Persephone bei Hades in der Unterwelt verbringen. Die alte Göttin Hekate hat über die Einhaltung des Vertrages zu wachen.

Die ursprünglichen Gesetze der matriarchalen Vegetationsgöttin

Diese mythologische Geschichte steht für die Gesetzmäßigkeiten der Jahreszeiten und der natürlichen Zyklen, die allen anderen Gesetzen zugrunde liegen.
Damit steht Demeter als matriarchale Vegetationsgöttin, die faktisch auch als die Erde selber angesehen wird für alle ursprünglichen Gesetze.
Man kann davon ausgehen, dass das Bild der rasend-verzweifelten, trauernden Mutter schon eine patriarchale Ausprägung dieser Geschichte ist oder zumindest nur ein Aspekt dieser.
Matriarchal gesehen, ist Demeter als „Weise Alte der Erde“ natürlich tief verbunden mit den Vegetationszyklen und sich der Notwendigkeit bewusst, dass ihre Früchte (versinnbildlicht in ihrer Tochter) Zeiten des Blühens, Reifens und Ruhens tief in der Erde haben müssen. Das sind die Gesetzmäßigkeiten der alten Erdmutter.

Daran sollte das Fest der Thesmophorien erinnern, das genau zu jener Zeit im Jahr begangen wurde, in der die Wintersaat in der Erde war, von der man hoffte, dass sie im Frühjahr – der Persephone gleicht – aus der Erde empor kommt und zu blühen und reifen beginnt.

Zum Ablauf der Thesmophorien wurde uns einiges überliefert: Dieses Fest wurde nur von Frauen, der „Thesmophoriazūsä“ gefeiert.
Zu den Fest-Vorbereitungen gehörten neuntägige „Enthaltung vom ehelichen Umgange“ sowie eine Fastenphase. Die Frauen trugen keinen Schmuck und keine Schminke. Die Abstinenz von Nahrung und Sex sollte den Verlust von Demeter, der Göttin der Fruchtbarkeit, darstellen, aber auch reinigend für die folgenden Riten sein.
Teil der zermoniellen Vorbereitungshandlungen war das Sitzen auf Kräutern, was zum einen die aktuelle erotische Lust mindern, andererseits der Fruchtbarkeit zuträglich sein sollte. Das Fest selbst begann mit dem Hinaufzug (Anodos) der Feiernden von Athen nach Eleusis, um die Gesetztafeln dahin zu tragen; am folgenden Tage war die Rückkehr nach Athen (Kathodos).
Am Haupttag versammelten sich die Frauen zu einer Prozession, auf einem Wagen wurde der heilige Korb (Kalathos) zum Thesmophorĭon (Tempel der Demeter) gefahren. Die Eingeweiheten folgten mit bloßen Füßen, die jungen Frauen trugen heilige Gefäße. Dabei wurden Lieder und Hymnen gesungen, in denen die Göttin als Geberin des Getreides angerufen wurde.
Am dritten Tag wurden Nahrung und Fruchtbarkeitssymbole aus der Erde geholt, die Tags zuvor vergraben worden waren.
Am Programm stand natürlich auch ein Festschmaus, der unter mimischen Tänzen und Spielen endete.
Männer waren bei den Thesmophorien streng ausgeschlossen, aber zur Finanzierung der Festlichkeiten verpflichtet.
Diese Festivitäten wurden in ganz Griechenland gefeiert. In Athen fanden Teile der Ritualhandlungen auf der Pnyx statt, einem Hügel in Athen, der sonst nur Männern für Versammlungen vorbehalten war. Die Männer überließen diesen dafür vollständig den Frauen. Wenn doch einem Mann einfiel, zu spionieren, wurde er brutal vom Berg gejagt und verdroschen.
Diese männliche Beteiligung und Unterstützung der Thesmophorien  zeugt von der Wichtigkeit des Festes für die gesamte Gemeinschaft.

Weitere Informationen zu den erwähnten Göttinnen und ihren Mythen:

Baubo
Demeter
Hekate
Kore
Persephone

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