Schön langsam beginnen wir ja wieder aus den Rauhnächten aufzutauchen. Manche spüren ja sogar schon so etwas wie Tatkraft – bereit Neues anzupacken, unterstützt von der frischen Energie des Neuen Jahres. Die haben offenbar schon die Kraft der Göttin Stimula gespürt. Diese war im antiken Rom jene Göttin, die zu heftigem Tun antreibt. Doch die Antriebskraft nützt gar nichts, wenn wir nicht stark genug sind, das Begonnene auch durchzuhalten und zu vollenden. Und dafür ist die Göttin Strenia zuständig. Und genau im Namen dieser Göttin sollen sich die Menschen im Alten Rom just am 3. Januar Neujahrsgeschenke, die „strenae“ überbracht haben. Diese Geschenke galten als Gunstbeweise und wurden im Namen der Göttin Strenia weitergegeben, die nicht nur für Kraft und Stärke steht sondern auch dafür zuständig ist, Geschäfte und Unternehmungen aller Art zu unterstützen.
Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft oder das Wohlwollen
Geschenkt wurde also mit dem Hintergrund, sowohl die Göttin als auch andere gnädig zu stimmen. Empfänger dieser Geschenke waren z.B. oft Beamte. Die materiellen Geschenke waren vor allem kleine warme Brote, Tongefäße, Obst, später Geld. Auf eigens eingerichteten Märkten konnten die Geschenke gekauft werden. Die Senatoren z.B. schenkten dem Augustus Geld.
Es galt als Unsitte, wenn der Kaiser und andere Obrigkeiten die Strenna-Geldgeschenke behielten, sie wurden traditionell für öffentliche Arbeiten und für soziale Aufgaben benutzt.
Kohlen, Asche oder grüne Zweige
Im Namen der Göttin Strenia schenkte man sich auch Kohlen und Asche, das ist ja noch in unseren Nikolo- und Krampus-Bräuchen enthalten. Im Alten Rom hatten diese Geschenke allerdings eine andere Bedeutung: Es sollten damit nicht etwa ungezogenen Kinder bestraft werden, sondern Symbole für das Anzünden und das Erhalten des Herdfeuers sein bzw. eine Aufforderung an die Natur, wieder wärmer zu werden und Früchte und Blüten hervorzubringen.
Darum waren die wichtigsten Geschenke der Strenia auch Zweige — besonders beliebt waren die jungen, die grünen Zweige (daher stammt wohl auch die Redensart „Auf einen grünen Zweig kommen“):
Da Strenia eine Waldgöttin ist, wurden aus ihren heiligen Hainen Aste und Zweige geschnitten, die dann (eventuell geschmückt) als Symbol der Lebenskraft verschenkt wurden.
Daran erinnern noch heute unsere Weihnachtsbäume und wir verschenken ja rund um die Jahreswende auch so allerlei. Bis heute steht in italienischen Wörterbüchern für „strenna“ nicht Neujahrsgeschenk, sondern Weihnachtsgeschenk.
Es wurden auch aus dem, der Göttin geweihten Holz, kleine geschnitzte Objekte hergestellt und zum Geschenk gemacht.
Am Neujahrstag wurde in einer Prozession Reisig aus dem Hain der Strenia zur Zitadelle getragen und dort als Glückszweige verteilt. Die ersten Aufzeichnung dieser rituellen Handlung stammt aus dem Jahr 153 v.u.Z.
Vermutlich war der Neujahrstag der 1. März — der Beginn des römischen Jahres.
Allerdings gibt es auch Aufzeichnungen, nach denen im Alten Rom der 1. Januar Kalendae heißt, am 3. Januar die Neujahrswünsche und Geschenke der Strenia überbracht wurden und am 4. Januar die Bevölkerung vor den Hausgottheiten an den Straßenecken und in den engen Gassen feierte.
Glück und Gesundheit für’s ganze Jahr
All die Geschenke und die Zweige sollte für das restliche Jahr viel Glück bringen. Im modernen Italien hat vermutlich die mythologische Figur der Befana die Rolle der alten Göttin Strenia übernommen.
Strenia ist auch eine Göttin der Nacht — auf Darstellungen oft eine wunderschöne junge Frau, deren Schönheit um so mehr strahlt, weil sie aus der finsteren Nacht des Winters auftaucht.
Strenia gilt darüber auch als die sabinische Göttin der gesunden leiblichen Entwicklung (im antiken Rom wurde aus ihr wahrscheinlich die Göttin).
Als Neujahrsgöttin ist Strenia ja jung und besonders kräftig und steht für das, was sich im beginnenden Jahr entwickeln wird.
Ein altes Heiligtum der Strenia stand in Rom in der Nähe des Kolosseums. Das lateinische Wort „strenuus“ bedeutet „hurtig“, damit ist Strenia auch jene Göttin, die den Menschen eine Tat zügig und mit großer Entschlossenheit erledigen lässt.
Ein Symbol dafür, mit welcher Tatkraft viele das Neue Jahr beginnen und wie schnell es voranschreitet.
Mehr Infos zu den erwähnten Göttinnen:
Befana
Salus
Stimula
Strenia
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