Die Percht geht um – Gedanken zur Bärmutter inmitten der Rauhnächte

Percht2Höchste Zeit, über die Percht zu erzählen – jetzt in der Mitte der Rauhnächte.
Ihre große Festnacht hat sie zwar vom 5. auf den 6. Januar, die im Volksglauben auch „Nacht der Wunder“ genannt wird. Aber den Mythen und alten Geschichten nach zieht sie schon seit der ersten Rauhnacht mit der Wilden Jagd über Feld und Flur und fegt um die Häuser herum.

Percht ist eine der lebendigsten Göttinnen Europas, deren Rituale in vielen Gegenden (wenn auch für viele nicht als bewusster „Göttinnen-Dienst) erhalten sind.

Sie ist eine, die vielleicht unheimlich wirkt. Respekt einflößend ist sie allemal, was sollte von einer großen Göttin auch anderes zu erwarten sein.

Die Zeit der Percht sind die „Tage zwi­schen den Jahren“, also die Rauh­nächte. Von dieser Zeit wird allgemein ange­nom­men, dass die nor­malen Gesetze der Na­tur außer Kraft ge­setzt sind, und daher die üb­lichen Grenzen zu ge­wissen anderen Welten fallen.

Zeit des Wandels

In diesen Tagen voll­zieht sich ein Über­gang, der Wandel vom Alten ins Neue Jahr, vom Herbst in den Winter, mit dem die Ta­ge auch wieder län­ger werden. Übergänge wer­den im­mer als gefährlich, ja un­heilvoll erlebt. Dennoch ist hier auch die Wende zur größten Chance, zum Sprung in das Neue.
Nicht von ungefähr wird vielerorts noch heu­te der Perch­tensprung – über ein Feuer oder über den Perchtentrog – praktiziert. (Mehr dazu demnächst).

Schwellen im Leben und im Verlauf des Jah­reskreis werden als „Zwi­schenreiche“ fast im­mer als kritische Pha­sen empfunden, in denen die Menschen wie auch immer geartete Ab­wehr- und Schutz­maßnahmen brauchen.
Rituale, religiö­se Handlungen, Zauber- und Bann­sprüche bzw. die Bitte an eine höhere Macht haben hier Hochkonjunktur – auch heu­te noch.
Diese Zeit also ist der Wirkungs­raum der alten Göt­tin Percht.

Sammelt Seelen ein – bringt Kinder

Vielerort wird die Percht auch Bär­mut­ter oder Ber­muada genannt. Dass hier nicht nur der Bär bzw. die Bärin sondern vor allem auch die Ge­bärmut­ter gemeint ist, liegt auf der Hand. Percht ist die Gebä­rende des stär­ker werden­den Lichts auch wenn alles ringsum noch in Dunkelheit und Kälte erstarrt und wie tot er­scheint.
Sie soll auch in den Rauhnächten die Seelen der in diesem Jahr Verstorbenen einsammeln und mitnehmen, damit sie wieder in der großen Gebärmutter der Erdmutter ruhen können.
Die Percht als Ge-Bär-Mutter soll aber auch die Kinder bringen. So wird die Wilde Jagd auch als Symbol für Fruchtbarkeitsgeister angesehen. Denn im Gefolge der Percht reiten in den alten My­then nämlich meist wil­de Hunde, aber auch Ziegen, Schweine und Hasen: Alles Tiere, die mit Fruchtbarkeit in Verbindung stehen.
Und diese passen auch gut zu den am meisten vor­gebrachten Wünschen und Orakel-Fragen in diesen heiligen Näch­ten: Wie steht es mit der eigenen Frucht­bar­keit und jener von Vieh und Feldern?
Diese hei­melig-kusche­ligen Näch­te bieten ja auch gu­te Vor­aus­setzung da­für, dass die alte Mut­ter­göt­tin, die jetzt um­geht, spätestens in 9 Mo­na­ten Kinder bringt …

Schutz, Magie und Glück

Dass in den Rauh­näch­ten die Percht mit ihrer Wilden Jagd unter­wegs ist, bringt zum einen Unbe­ha­gen und Furcht, zum ande­ren sehen die Men­schen in ihr eine Be­schützerin, die Haus und Hof für das kom­mende Jahr segnet.
Auf Bauernhöfen wird in Haus und Stall ge­räuchert, es wer­den (speziell in der Nacht vom 31. Dezember auf den 1. Januar) Orakel befragt.
In bayerischen, öster­reichischen und Schwei­zer Dörfern zie­hen die Perchten um­her – mas­kierte und vermummte, lärmende und tan­zen­de Gestal­ten, die Häuser und Höfe besuchen, um den BewohnerInnen Glück fürs neue Jahr zu bringen.
Gleichzeitig aber auch ein wenig Respekt vor den teils ordnenden, teils chao­ti­schen elementaren Kräften einzu­flößen, die die Kreisläufe des Lebens in Gang halten.

Wenn die Gruppe der Perchten bei ihrem wil­den Lauf einen Hof oder ein Haus erreicht, legt die Frau Percht mit ihrem Stab den Tanz­platz fest. Sie dreht sich in alle vier Himmels­richtungen und zieht mit dem Stab den magi­schen Kreis.
So werden die Kraft des Ostens, des Südens, des Westens, des Nor­dens und sowie alle Elemente und Jahres­zei­ten be­schworen und um deren Wohlwollen im kom­menden Jahr gebeten.

Die zyklische Kraft

SpinnradDie alte Göttin kennt den endlosen Kreislauf, kennt die Zyklen und ihre Gesetze. Dieser Kreislauf wird sehr gut durch die Tätigkeit des Spinnens wiedergegeben, bei dem sich das Spinnrad auch ständig dreht. Was gerade oben ist, ist gleich darauf unten um einen Augenblick später wieder den höchsten Punkt zu erreichen.

Das Spinnen stand daher unter dem ganz besonderen Schutz der Percht und es gab eine Reihe von Regeln, an welchen Tagen die Spinnräder gedreht werden durften und wann sie stillstehen mussten.
Die Spinnstuben waren früher Stätten regelrechter „Weiberbünde“, die im Dienste der Percht standen und zu denen Männer keinen Zutritt hatten. Hier wurden wichtige Dinge besprochen, ausgehandelt, wenn man so will – Lokalpolitik gemacht. Und auch wenn sie nicht mehr physisch am Spinnrad sitzen, „spinnen“ viele Frauen immer noch – Ideen, Gedanken, Netzwerke …

All das im Sinne und unter dem besonderen Schutz der alten Muttergöttin Percht.
Wichtig ist der Percht vor allem, dass sich auch die Menschen, genauso wie die Pflanzen und Tiere den Gesetzen der Natur anpassen. Das bedeutet nun, in dieser Zeit der Percht, sich zurückziehen, zu regenerieren, Kräfte zu sammeln. Besonders bei Frauen legt Percht diese Regeln streng aus.

Die alten Perchten-Gebote

wäscheleineNach den alten Perchtengesetzen darf  in dieser Zeit nicht geputzt, gewaschen, gewebt oder gesponnen werden.
Alle Räder sollen stillstehen. Was auch Räder an Fahrzeugen betrifft. Das fällt in dieser Zeit nicht so schwer – Lasten wurden mit dem Schlitten befördert, und dieser hat ja keine Räder.
Frauen, die jetzt am Spinnrad sitzen, denen verwirrt Percht die Wolle.
Wer jetzt Wäsche aufhängt, kann sicher sein, dass Percht mit der Wilden Jagd durch diese durchfährt, sie zerreißt und möglicherweise noch schlimmeres Unglück über das Haus kommen lässt. Ein Brauch, der sich erstaunlicherweise in vielen Familien lange gehalten hat, auch ohne die Hintergründe zu kennen.

Percht kontrolliert, ob zu Beginn der Rauhnächte die Spulen abgewickelt, die Rocken leer gesponnen sind. Dies alles nicht, um die Frauen einzuschränken und zurechtzuweisen, denn Percht ist die Schutzgöttin der Frauen.
Sie sorgt dafür, dass sie zur Ruhe kommen, nicht zuviel arbeiten – in dieser stillen Zeit zwischen den Jahren und auch sonst.

Der Hintergrund dieses Glaubens liegt vermutlich darin, dass dies wahrscheinlich die einzige Möglichkeit für die schwer arbeitende ländliche Bevölkerung war, einmal zur Ruhe zu kommen. Wäsche waschen war z.B. ja lange Schwerstarbeit und natürlich auch das Aufhängen und Abnehmen in der eisig kalten Zeit.
Daher scheint dieser Brauch etwas mit der Schonung (vor allem der Frauen) zu tun haben. Und aus diesem Grund machen diese Gesetze, auf die Frauen sich berufen können, durchaus Sinn.
Sehr deutlich wird das Wäsche-Aufhäng-Verbot in den Rauhnächten mit der Warnung, dass dies nicht nur Unglück bringen soll, sondern dass dann im nächsten Jahr jemand stirbt.
Gut, kann man sich denken, es gibt kein Jahr, in dem nicht irgendwer stirbt. Dennoch macht es ein unbehagliches Gefühl.
Wäsche wurde ja früher im Freien oder auf ungeheizten Dachböden aufgehängt und das war bei den eisigen Temperaturen der Ge­sund­heit wirklich nicht zuträglich.
Also wenn sich wer bei so einer Aktion eine tödliche Lungenent­zün­dung geholt hat, wenn wer stirbt, dann war es mit hoher Wahrschein­lichkeit jene Frau, die bei Minustemperaturen mit nasser oder ge­fro­re­ner Wäsche han­tiert.
Daher haben sich Frauen auf das alte Perch­ten­gesetz beru­fen.

Lasst die auch die „modernen Spinnräder“ ruhen

An die Percht wenden sich Frauen, die ausgebeutet und geschlagen werden, die überfordert, müde und ausgebrannt sind.
Bei ihr holen sich wilde Frauen ihre Kraft.
Heutzutage hat Percht zwar nicht mehr so viele Spinnräder zu kontrollieren. In dieser stillsten Zeit des Jahres sind allerdings gerade Frauen am meisten gefordert.
Was sich oft damit rächt, dass in der kalten Zeit, die ja noch kommt, allerlei Erkältungs-, und Erschöpfungszustände die Frauen erst recht zur nötigen Ruhe zwingen.
Percht ermuntert auch jetzt noch Frauen, die Rauhnächte als Zeit der Ruhe und inneren Einkehr Ernst zu nehmen und die „Spinnräder“ der heutigen Zeit einfach einmal stillstehen zu lassen.

All das macht also durchaus auch in unserer oft stressigen Weihnachtszeit Sinn. Einfach einmal 14 Tag gar nix tun!

Hier mehr zur Göttin Percht

Mehr zu den Mythen und Perchten-Bräuchen in den Rauhnächten findet sich in im artedea-E-Book:
„Rauhnächte – Von den rauen Nächten und der Wilden Jagd“

Bildquellen: artedea.net, fotolia.com, pixabay.com

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4 Antworten zu Die Percht geht um – Gedanken zur Bärmutter inmitten der Rauhnächte

  1. madameflamusse sagt:

    Finde ich interessant, ich beschäftige mich schon eine Weile mit den Rauhnächten aber immer wieder kommen neue Infos hinzu. Das EBook würde mich auch interessieren, obwohl ich sehr ungern Ebooks lese und lieber was in der Hand halte. Ich frag mich nur ob sich das für mich lohnt und bin auch etwas über den Preis gestolpert, das es ja nur 37 Seiten hat…mmh ich überlegs mir mal. Ich mag deine Internetseite sehr gern, toll wie Du das alles so aufbereitest. Deine Bilder finde ich auch ganz genial. Wird es diese vielelicht auch mal als kleinere Edition oder Postkarten geben?

  2. athena sagt:

    Toll. Jetzt macht das alles einen Sinn. Auch die Schmerzen. Und die Regel hat seit Montag bei mir nach 2 Monaten wieder zugeschlagen.obwohl ich dachte, ich bin in den Wechseljahren. So stark hatte ich sie lange nicht mehr.
    Und um Januar/Feb herum bekomme ich ab und zu eine Erkältung. So dass ich krank geschrieben bin.
    Lg
    Athena

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