Heute, am 15. August feiern wir den Großen Frauentag.
Diesen kennen viele nur mehr im christlichen Zusammenhang, nämlich als Mariä Himmelfahrt.
Seine Bezeichnungen und auch die anderen Namen dieses Tages wie „Maria Würzweih“ oder „Büschelfrauentag“ verweisen natürlich auf viel ältere Traditionen. Vielfach wird daher auch heute in ländlichen Gebieten nicht von Mariä Himmelfahrt, sondern ausschließlich vom Hohen oder Großen Frauentag gesprochen.
Mitten in der Erntezeit wurde seit jeher die große Erdgöttin gefeiert, die sich jetzt so üppig verschenkt.
Wie so oft hat sich die katholische Kirche mit „Mariä Himmelfahrt“ auf einen ganz alten Los- und Feiertag im Jahreslauf gesetzt, um diesen mit christlichen Werten zu besetzen. Die Himmelfahrt der christlichen Gottesmutter steht natürlich nirgendwo in der Bibel und ist erst 1950 von der katholischen Kirche als „unfehlbares“ Dogma erklärt worden.
Geburtstag der Isis
Wenn wir es astronomisch betrachten, dann geht am 15. August der Ährenstern „Spika“ aus dem Sternbild der Jungfrau in den morgendlichen Sonnenstrahlen unter.
Das ist ein besonderes Zeichen:
Im alten Ägypten war das Sternbild Jungfrau das Sommersternzeichen, das nachts vom Himmel dominant herunterstrahlte. Dies wurde als Himmelkönigin, als Magna Mater bezeichnet, welche die Ähre (Spika) als Zeichen der Fruchtbarkeit in der Hand hält.
Daher wurde am 15. August der Geburtstag der Isis gefeiert.
Sie war die Große Mutter und Königin des Himmels, die in vielen Formen ihrer Verehrung Vorbild für die christliche Maria war. In Griechenland haben wir das Bild der Demeter mit der Ähre. Mit dem willkürlich gesetzten Datum von Mariä Himmelfahrt am 15. August verlischt dieses Jungfrau-Sternbild in den Strahlen der aufgehenden Sonne.
Am 8. September, dem „Kleinen Frauentag“ oder im katholischen Sinne „Mariä Geburt“ taucht die Spika, der Ährenstern wieder auf der anderen Sonnenseite auf.
Magische Zeit zum Sommerausklang
„Zu Mariä Geburt fliegen die Schwalben furt.“ (8. September)
„An Mariä Namen sagt der Sommer Amen.“ (12. September)
Kräuter als Geschenk der Göttin
Jetzt ist vor allem die Zeit, in der Kräuter gesammelt werden, bevor sie abblühen und verwelken.
Die Kräuter und speziell die Heilkräuter wurden schon immer als besonderes Geschenk und Gabe der Göttin erachtet. Sie haben nun die ganze Sonnenkraft gespeichert, und werden in den kommenden Monaten vor allem auch als Heilkräuter verwendet oder weiterverarbeitet – als Beigaben in Tees, Tinkturen oder Salben. Früher waren diese eine Art traditionelle „Winterapotheke“, weil für jedes Wehwehchen das richtige Kraut beinhaltet war.
Das war ein kostbares Gut, deren Ernte traditionell den Frauen oblag. Und natürlich wurden diese auch mit speziellen Riten und Bräuchen geweiht.
Das Sammeln beginnt schon am Vorabend des 15. August. Mädchen und Frauen machen sich auf den Weg, durchstreifen Wiesen und Wälder und füllen ihre Schürzen oder Körbe mit diesen Wunderkräutern.
Vielfach nehmen sich in dieser arbeitsreichen Erntezeit die Frauen während der ganzen „Frauen-Dreißgen“ die Zeit, die heilsamen Blumen und Kräuter zu sammeln, wenn auch der Blütenstand mit der vorrückenden Herbstzeit täglich kleiner wird.
In der Zeit bis zum Kleinen Frauentag werden die gesammelten Kräuter und Blumen in „Büschel“ zusammengebunden – daher auch „Frauenbüscheltag“. Die damit zusammenhängende Kräuterweihe, die viele nur im katholischen Sinne kennen, ist natürlich viel älter als der Marienglaube. Sie wurde sogar als „heidnisch“ angesehen und daher im Jahr 745 von der Kirche verboten. Da die Riten, die mit den alten Göttinnen in Verbindung stehen, nie ganz ausgelöscht werden konnten, haben die Kirchenväter schließlich beschlossen, die Kräuter zu Ehren der Maria zu weihen.
Unterschiedliche Überlieferungen gibt es dazu, wieviele verschiedene Pflanzenarten ein solcher Strauß beinhalten soll. Ebenso wie die Interpretation von der Wirkung von „magischen Zahlen“, die dem Kräuterbüschel ihre ganz besondere Kraft verleihen sollen.
7 Kräuter sollen es mindestens sein – so sagt der Volksglaube; man kennt auch Kräuterbüschel mit 9, 12, 13, 15 und 19 Kräutern. Mit der Zeit erhöhte sich die Zahl sogar auf 66, 72, 77 oder 99. Natürlich kommt auch hier die Zahl 30 oder 33 vor. Sozusagen als Potenzierung der „heiligen 3“ – das Symbol für die dreifache Göttin, in ihren Aspekten als weiße, rote und schwarze Kraft.
Dies alles sind alte „magische Zauberzahlen“, deren rituelle Verwendung sich bis in babylonische und assyrische Zeit zurückverfolgen lässt.
Auch an der Art, wie und womit die Sträuße gebunden sind, wird vielfach eine magische Wirkung zugeschrieben. Auch hier gelten „magische Zahlen“.
Wie oft der Buschen umwunden wird, soll dessen Wirkungsweise beeinflussen. So kann ein dreifach gebundener Strauß die Energie der dreifachen Göttin, also die weiße, die rote und die schwarze Kraft bedeuten. Vier Mal umwunden kann die Elemente bzw. alle Himmelsrichtungen herbeirufen, 5 Mal die „Quintessenz“ bzw. die Kraft des Pentragramms. Jede Frau hat ja da ihre eigenen zahlenmagischen Interpretationen bzw. einfach auch Lieblingszahlen, zu denen sie ein gutes Gefühl hat.
Mit Wünschen und Zauber versehen und geweiht werden sie zu „magischen Sträußen“.
Welche Pflanzen, Kräuter und Blumen für diese Buschen gepflückt und verwendet werden, ist in den einzelnen Regionen ganz unterschiedlich.
Hier spielen naturgemäß die jeweiligen klimatischen bzw. landschaftlichen Verhältnisse eine große Rolle. Grundsätzlich kann natürlich alles genommen werden, was man an Heilendem und Schmückendem in Wald und Flur oder auch im heimischen Garten findet. Interessant ist es, beim Pflücken einfach intuitiv vorzugehen und erst nachher mittels eines Kräuterhandbuches zu schauen, von welchen Pflanzen man angezogen wurde und welche heilenden und magischen Kräfte ihnen zugeschrieben werden.
Die Auswahl ist also groß: In diesen „Frauen-Dreißiger-Sträußen“ finden wir traditionell vor allem Johanniskraut, Beifuß, Wegwart, Himmelbrand, Frauenschuh, Arnika, Mohn, Rauten, brennende Lieb, Wermut, Wohlgemut, Mutterkraut, Sinngrün, Tausendguldenkraut, Kamille, Rainfarn, Eisenkraut, Schafgarbe und Karbendelkraut.
Im Zentrum des Straußes steht oft eine Königskerze, eine Pflanze, die nur an den sonnigsten, wärmsten und trockensten Plätzen zu finden ist. Auch Stechapfel, Edelweiß, Sonnenblumen und gelbe Ringelblumen, Wiesenknopf, Schwarzer Holunder, Brombeere und gelegentlich Basilikum, Kamille, Thymian, Baldrian, Odermennig, Klee, Alant und die verschiedenen Getreidearten werden dazu gebunden.
Rosen und Lilien werden oft im christlichen Sinne dazugefügt, weil der Legende nach der Öffnung der Grabstätte Mariens nur diese Blumen gefunden wurden und die Apostel daraus geschlossen haben, dass die Muttergöttin in den Himmel aufgefahren ist.
Dieses Mysterium wird ja zu Mariä Himmelfahrt gefeiert. Statuiert wurde dieser Feiertag im 5. Jahrhundert durch Cyrill von Alexandrien. 1950 erließ Papst Pius XII. ein Dogma, dass die Geschichte von der Heimholung Marias für alle Zeiten bestätigte.
Allerdings geht der Glaube an die leibhaftige Aufnahme Mariens in den Himmel auf alte Legenden zurück und ist an keiner Stelle in der Bibel belegt.
Es gibt hier zwei Varianten: Bei der Öffnung des Grabes von Maria sollen die Apostel statt des Leichnams eben nur noch duftende Rosen und Lilien vorgefunden haben, bzw. soll in dem Augenblick, in dem Maria in den Himmel aufgenommen wurde, dem Grab ein wunderbarer Duft wie von Kräutern und Blumen entstiegen sein.
Juno – Liliengöttin der parthenogenetischen Kraft
Allerdings sind diese Blumen natürlich auch ein Hinweis auf viel ältere Göttinnen.
So ist die Lilie immer ein Symbol der parthenogenetischen Kraft – also der Fähigkeit einer Frau oder Göttin aus sich selbst heraus ohne jegliches männliches Zutun zu gebären, was ja im Christentum als „jungfräuliche Geburt “ interpretiert wurde.
Die Blume wurde unmittelbar von der römischen Göttin Juno auf Maria übertragen.
Daher erinnert die Lilie in einem Kräuterbüschel nicht nur an das Grab Mariens sondern vor allem an die große eigenständige weibliche Schöpfungskraft!
Die Bezeichnung Frauentage kommen u.a. auch in alten historischen Kochbüchern vor:
Die an den „Frauentagen“ zwischen 15. August und 8. September von den Hühnern gelegten Eier werden auch „Fraueneier“ genannt.
Besonders gelagert sollen sie bis Weihnachten haltbar sein.
Hier ein Auszug aus dem berühmten Kochbuch „Süddeutsche Küche“ von Katharina Prato aus dem Jahre 1858:
„Zwischen den Frauentagen (15. August und 8. September) werden alle Eier für den Winter aufgehoben, man legt sie meistens in Getreide, Hirse und dgl. oder in gesiebte Asche ein, dass sie nicht einander berühren, mit den Spitzen aufwärts und stellt sie an einen kühlen Ort.“
Der Maria näher hoch droben bei den Berggöttinnen
Offenbar um Maria im Himmel ein Stück näher zu sein, gibt an diesem Tag auch zahlreiche Bergmessen auf den Almen.
Die Menschen gehen an diesem Tag nicht in die Kirche, sondern kommen zusammen, gehen gemeinsam auf den Berg und feiern dort hoch oben eine Messe und sitzen anschließend noch gemütlich beisammen.
Aber auch das ist keine christliche Erfindung:
Bergbesteigungen in den frühen Morgenstunden gehören seit altersher zu Lugnasad (dem Jahreskreisfest Anfang August), um die Sonne (den Lichtgott Lugh) beim Aufgang auf den Gipfeln zu begrüßen. Vermutlich ging es ursprünglich darum, die Sonne gnädig zu stimmen für eine reiche Ernte.
Von diesen Bergmessen können wir auch annehmen, dass sie in ihren kultischen Wurzeln auch auf die Verehrung der Berggöttinnen hinweisen, wie z.B. der Saligen Frauen, der Percht oder der Tiroler Frau Hitt. Diese alten Bergmütter sind es ja auch, die im Volksglauben das „Wetter machen“, daher war es gerade zur Erntezeit wichtig, sich ihres Wohlwollens zu versichern.
*****************************
Mehr zu den Bräuchen und Frauenritualen im August gibt es im artedea-eBook:
Das Fest der Fülle und der Ernte
im Kräuter-eBook:
„Heilwurz und Zauberkraut: Die Sonnenkräuter“
sowie im eBook (mit kostenlosem Download):
Frauendreißigst –
Die hohe Zeit der starken Frauenkraft
*****************************
Mehr Informationen zu den erwähnten Göttinnen:
Demeter
Frau Hitt
Isis
Juno
Maria
Percht
Salige Frauen
*****************************
Bildnachweis:
alle Göttinnen-Bilder: artedea.net
pick-flowers / Pezibear / pixabay.com
kräuter zum trocknen / Team 5 / fotolia
bouquet-garni-4736896_960_720 / TootSweetCarole / pixabay.com
pexels-magda-ehlers-pexels-12878847
food-g53fc4308b_1920 / bluebudgie / pixabay.com