Wie ist das mit Ostern und dem Frühlings-Vollmond?

Interessanter Weise gibt es in der patriarchal-christlichen Kirche Feste, die sich nach den Mondphasen richten, allen voran Ostern, das wichtigste christliche Fest.
Ein kleines Relikt aus alten Kulturen und matriarchalen Strukturen, in denen sich vieles im alltäglichen Leben der Menschen und auch bei festlichen Anlässen nach den Mondzyklen gerichtet hat.


Wie ist das also mit Ostern und dem Mond?
Das Osterdatum wird folgendermaßen berechnet: Der Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond ist der Ostersonntag.
Das ist heuer relativ spät, weil der letzte Vollmond am 18. März, also noch im Winter, kurz vor der Frühlings-Tag-und-Nachtgleiche war. Der erste Frühlingsvollmond ist also heute, dem 16. April um exakt 20:55:06 Uhr. Und damit ist der morgige Sonntag der Ostersonntag. Das gilt allerdings nicht für die meisten orthodox-christlichen Kirchen, diese richten sich nach dem Julianischen Kalender. Das heißt, der Frühlingsbeginn wird 13 Tage später als im gregorianischen Kalender gefeiert und somit verschiebt sich Ostern um denselben Zeitraum.
Am Termin für Ostern orientieren sich auch alle anderen beweglichen christlichen bzw. katholischen Feiertage wie Christi Himmelfahrt, Pfingsten und Fronleichnam. Diese sind daher auch am Mond orientierte Feste.

Die Angst vor bösen Omen

Warum aber ist das christliche Osterfest am Sonntag nach dem ersten Frühlings-Vollmond?
Es könnte ja z.B. auch der erste Sonntag im April sein. Oder an einem bestimmt festgesetzten Tag stattfinden, wie der 24. Dezember für Weihnachten.
Die Verbindung mit dem Vollmond hatte wichtige Gründe: Man wollte man damit unter allen Umständen vermeiden, dass am Karfreitag Schwarzmond ist und – noch viel schlimmer – eine Sonnenfinsternis ​stattfinden könnte, denn dies wurde ja in der Vergangenheit mit Angst und Weltuntergang assoziiert.
Dazu ein kleines Rechenexempel:
Eine Sonnenfinsternis kann nur zu Schwarzmond stattfinden. (Anmerkung: Schwarzmond ist das richtige Wort für jene Mondphase, an der am Himmel gar nichts vom Mond zu sehen ist, dies wird meist fälschlicher Weise als „Neumond“ bezeichnet wird. Dieser ist aber die erste schmale sichtbare Mondsichel, der „neue Mond“ eben.)
Wenn der Ostersonntag also nur wenige Tage nach dem Frühlingsvollmond ist, dann kann am Karfreitag auch nicht Schwarzmond sein, damit ist auch eine Sonnenfinsternis ausgeschlossen.

Im Frühling feiert man einfach gerne

Seinen Ursprung hat das christliche Osterfest ja im jüdischen Pessachfest. Dieses soll an die Befreiung des Volkes Israel aus der ägyptischen Sklaverei erinnern und wird jeweils im „Nisan“ gefeiert, ein Zeitraum, der nach unserem Kalender von Mitte März bis Mitte April ist.
Hat dieser Auszug aus Ägypten vor rund 3.300 Jahren irgendwann zwischen März und April stattgefunden? Wir wissen es nicht.
Aber da von Alters her der Frühling immer mit hoffnungsfrohen Festen gefeiert wurde, war es natürlich naheliegend, auch Pessach zu Frühlingsbeginn und nicht z.B. im November zu begehen.
Und dieses Pessachfest nahm Jesus ja zum Anlass, um als gläubiger Jude nach Jerusalem zu kommen, um dort gemeinsam mit seinen Freunden das große jüdische Fest zu feiern, wo er schließlich auch ans Kreuz genagelt wurde. Tod und Auferstehung Jesu fielen also nach christlicher Überlieferung in die Pessach-Woche und damit nach unserer Zeitrechnung in den Frühling.
Der Name für Ostern erinnert in vielen europäischen Sprachen auch daran. Ob Spanisch oder Italienisch (Pasqua), Dänisch (Påske), Türkisch (Paskalya), Französisch (Pâques), Niederländisch (Pasen), Russisch (Pascha), Isländisch (Páskar) oder Finnisch (Pääsiäinen) – die meisten europäischen Sprachen tragen die Erinnerung an das jüdische Pessach- oder Passahfest noch in sich. 

Zyklische Wiedergeburt oder einmalige Auferstehung

Das deutsche „Ostern“ haben wir vermutlich missionierenden iro-schottischen Mönchen zu verdanken. Wie im englischen Wort „Easter“, das auf das altgermanisches Wort für Morgenröte zurückzuführen ist und damit auch Bezug nimmt auf die griechische Morgenrot-Göttin Eos oder auf die germanische Frühlingsgöttin Ostara.

Und damit sind wir bei einem weiteren wesentlichen Grund, warum sich das christliche Ostern am Frühlingsvollmond orientiert. Genau zu diesen wurden nämlich traditionell die Frühlingsfeste zu Ehren der verschiedene​ Fruchtbarkeitsgöttinnen wie z.B. Ostara ​gefeiert. Festen, in denen nach dem langen entbehrungsreichen Winter die „Wiedergeburt“ und die „Auferstehung“ der Natur, die stärker werdende Sonne, die Wärme und die Lebenskraft gefeiert wurde, was als Geschenk der Großen Göttin angesehen wurde.
Und diese „heidnischen“ Rituale mussten natürlich mit christlichen Inhalten überlagert werden. Aus der zyklischen Wiedergeburt der Natur machte das Christentum das einmalige Ereignis der Auferstehung des Gottessohnes, aus der periodischen Erlösung von Dunkelheit und Frost die dauernde Aussicht auf Erlösung von der Erbsünde.
All die christlichen Bemühungen, die Verehrung der alten Erd- und Fruchtbarkeitsgöttinnen auszulöschen, sind jedoch keineswegs gelungen.
Und so sind noch heute im christlichen Osterfest, viele Bräuche der alten Göttinnen-Verehrung erkennbar.
Mehr dazu in den beiden artedea-eBooks:

Ostara – Frühlings-Tag-und-Nachtgleiche: Die Rückkehr des Lebens

Ei und Hase: Weibliche Urkräfte zur Osterzeit

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Mehr zu den erwähnten Göttinnen:
Eos
Ostara

Bildquellen:
Frühlingsmond:  spirit111 – pixabay.com
Vollmond: justintaannix – pixabay.com
Eos: artedea.net

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