Unsere angelsächsischen AhnInnen, feierten in dieser Zeit im Jahr „Modraniht“ – die „Nacht der Mütter“, die später im Römischen Reich in „matrum noctem“ umgewandelt wurde.
In dieser längsten Nacht des Jahres gebiert die Göttin tief in der finsteren Erde in der stillsten aller Stunden das neue Sonnenkind. Je nach Auslegung ist diese Mutternacht die Nacht auf den 21. auf den 22. bzw. auf den 25. Dezember.
Es gibt eine Reihe an Beispielen aus vorpatriarchalen Traditionen, die als Zentrum die Verehrung der Göttin als Mutter des Göttlichen Kindes hat. Der Schwerpunkt lag dabei immer auf der Mutter und nicht auf dem Kind. Die „Mütter“ waren meist jene „jungfräulichen“ Göttinnen, die – ganz ohne männliches Zutun im Laufe der Jahreszeiten mithilfe der zyklischen Kraft den Tod in Leben, die Finsternis in Licht, die Nacht in Tag, den Winter in Frühling verwandelten.
Die Dunkelheit ehren
Das Fest der Wintersonnenwende hat ja gerade in spirituellen und religiösen Kreisen oft einen seltsamen Touch – endlich, endlich gewinnt das Sonnenlicht wieder an Macht.
Hurra, der junge Gott, der Sonnensohn ist geboren. Ja woraus denn?
Aus dem samtig-weichen dunklen Schoß seiner Mutter, aber die vergessen wir ganz schnell wieder, denn jetzt ist ja der Sohnemann da, das neue Licht in der Welt, das bald alles überstrahlen wird. Was kümmert uns da die sanfte, dunkle, ruhige mütterliche Energie der Erd- und Schöpfungsgöttinnen?
Ich finde, wir sollten diese Wende im Jahreskreis nicht zum triumphalen Sieg des Lichts über die Finsternis verkommen lassen, wie dies in patriarchalen Traditionen nur allzu oft geschehen ist, wo alles Dunkle, Erdige als negativ und alles strahlend Helle, Himmlische als positiv verstanden wird. Deshalb geht mir dieses esoterische „Licht und Liebe-Wünschen“ auch so auf die Nerven. Ich wünsche dann immer Dunkelheit zurück, was so manche Irritationen auslöst:
– Dunkelheit und Ruhe, um bei sich anzukommen,
– gute Schattenplätze, um sich vor gleißender Hitze zu schützen,
– schwarze Nacht, um zu ruhen und Kraft zu schöpfen,
– dunkle, geborgene Erdkraft, um etwas darin keimen und wachsen zu lassen
Zu dieser Wintersonnenwende im Jahr 2020 und auch der Zeit, die danach folgen wird, ist es besonders wichtig, sich mit der dunklen Geborgenheit spendenden Kraft anzufreunden.
Wir gehen in Rauhnächte, wie sie eigentlich sein sollten: Ruhig, dunkel, ohne Hektik, die sonst spätestens am 27. Dezember wieder losgeht, wenn alle rennen, ihre Geschenke umzutauschen und ihre Gutscheine einzulösen. Silvester ganz ohne Party, Feuerwerke und Kracher. Was für eine Gelegenheit, diese mütterliche Energie der Erdgöttin zu spüren, wenn sie sich ganz in sich selbst zurückgezogen hat, in Stille ruht und dem Frühjahr entgegen schlummert.
Und in Stille hinaus in die Natur gehen, um Teil dieses Wunders zu sein, das dürfen wir ja auch im Lock-Down.
Licht ist die große Ausnahme
Alles kommt aus der Dunkelheit. Jedes Samenkorn – ob Pflanze, Tier, Mensch, ist in der Dunkelheit eingebettet, bevor es ans „Licht der Welt kommt“. Verborgen und beschützt im „Erdreich“, im Reich der Erde, die oft als Muttergöttin angesehen wird oder in der dunklen Höhle einer Gebärmutter.
In vielen spirituellen Richtungen war man der Auffassung, dass die Schöpfungskraft aus dem „Urchaos“, der großen Dunkelheit kommt.
Die Dunkelheit ist der Urzustand. Alles, alles, alles ist dunkel – das ganze Universum ist tiefste „Nacht“. Ganz selten – als große Ausnahme – eine Sonne. Um die herum ist dann „Licht“.
Wenn es bei uns im tiefsten Winter gar nicht so „Licht“ ist, dann ist natürlich die Sehnsucht nach diesem groß. Und es haben sich schon seit jeher Mysterien und Zeremonien rund um diesen dunkelsten Punkt im Jahr gerankt.
Die Geburt des Lichts heraus aus der dunklen Macht der alten Muttergöttin war und ist dabei nach wie vor zentrales Thema.
Es ging dabei viel mehr um die Geburts- und Schöpfungsenergie der mütterlichen Kraft und weniger um das Licht oder die Lichtgestalt, die hier geboren wird.
So gebärt Rhiannon ihren Sohn Pryderi, durch Isis wird der Sonnengott Horus wieder geboren, Demeter bekommt ihre heilige Tochter Persephone, die Mondgöttin Selene schenkt Dionysos das Leben, der im alten Griechenland als Erlöser und Gott der Fruchtbarkeit und des Wachstums galt.
Und natürlich gibt es da die Muttergöttin Maria, aus deren Schoß auch ein Erlöser kam.
Wann genau und unter welchen Umständen dies geschah, das kann natürlich nicht nachvollzogen werden. Denn die christliche Kirche kannte während der ersten drei Jahrhunderte den Geburtstag ihres Heilands überhaupt nicht. Allerdings hatten die Kirchenväter so ihre liebe Not mit den vielen „heidnischen“ Feiertagen, die nicht ja von ungefähr an wichtigen astrologischen Terminen oder anderen markanten Punkten im Jahresverlauf waren. Diese sehr junge Religion musste sich sowohl mit ihren Riten und Feierlichkeiten gegenüber den alten Traditionen durchsetzen, wie auch die von anderen viel älteren Kulturen genutzten Kraftplätzen und Kultstätten besetzen.
So eignete sich eine dunkle lange Nacht, in der immer schon das Licht, Sonnenkinder und Lichtgestalten geboren wurden, auch für diesen Geburtstermin.
Ahninnen und Mütter ehren
Welche Bedeutung auch immer diese „Heilige Nacht“ hat, schön wäre es, sie zu einer Mondrahit, einer „Mütternacht“ zu machen, sich auf Ahninnen zu besinnen, z.B. auf drei der persönlichsten und wichtigsten Muttergöttinnen, auf die eigene Mutter, die mir das Leben geschenkt hat, auf eine „Stammesmutter“ sowie auf Mutter Erde, Urmütter aus längst vergessener Zeit, auf göttliche Mütter …
Es ist auch gut, Frauen zu ehren, die viel dafür getan haben, dass wir unser Leben so leben können, wie wir es tun.
Diese Frauen können bekannt sein (wie z.B. Frauenrechtlerinnen, Wissenschafterinnen, Künstlerinnen) oder unbekannt (wie z.B. ein Frau in der Vergangenheit, die das Land, auf dem ich lebe urbar gemacht hat).
Gerade diese langen heiligen Nächte rund um die Wintersonnenwende eignen sich dafür, sie mit einigen Gedanken an jene Frauen zu verbringen, die auf ihre Art und Weise Licht in die Welt gebracht haben – als Kinder oder auch in Form von zündenden Gedanken, lichtvollen Ideen, Kunstwerken, wichtigen Projekten, ihrer starken Art, das Leben zu meistern oder auch nur von einem hellen Lachen.
***********************************
Weitere Geschichten und Mythen rund um die stille Zeit im Dezember, die Wintersonnenwende, sowie die Rauhnachtszeit findest du hier:
eBooks:
„Die Magie der Sperr- und Dunkelnächte“
„Julfest: Das Fest des wiederkehrenden Lichts“
„Von den rauen Nächten und der Wilden Jagd“
„Geschichten vom Weihnachtsmann,
Muttergöttinnen, Schamanen und Rentier-Damen” – gratis Download
„Magische Misteln”
Mehr zu Müttern, Geburt und Muttergöttinnen gibt es im artedea-eBook
„Wie Göttinnen die Kinder bringen“
Weiterführende Gedanken zum Thema Dunkelheit gibt es im artedea-eBook
„Hell Dunkel: Der Zauber der dunklen Kraft. Eine Ermutigung für starke Frauen“
artedea-Rauhnächte-eWorkshops:
„Mit starken Frauensymbolen durch die Rauhnächte”
***********************************
Mehr Infos zu den erwähnten Göttinnen:
Angerona
Demeter
Hannahanna
Isis
Maria
Persephone
Rhiannon
Selene
Pingback: Die Urmutter der Menschheit am 24. Dezember | Oh Göttin
Pingback: Nix for Mann – for Kind! | Oh Göttin